Was Extinction Rebellion als linke Bewegung so interessant macht
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- 9 Oktober 2019
Die Proteste der Klimaaktivisten von Extinction Rebellion (XR) gehen überall auf der Welt weiter. Heute, da das Klimakabinett ihr „Klimapaketchen“ verabschieden möchte, ist eine Kundgebung direkt vor dem Bundeskanzleramt geplant. Währenddessen ist seit dem frühen Mittwochmorgen die Marschallbrücke im Regierungsviertel besetzt. Die Aktion an dieser Stelle ist kein Zufall, so ist die Brücke eine Wichtige Verbindung für all die, die im Viertel rund um Kanzleramt und Bundestag arbeiten. Ziel der Bewegung ist es mit zivilem Ungehorsam Druck auf die Regierungen auszuüben.
Die Festlegung von Klimaschutzzielen, soll allerdings nicht den Regierungen allein überlassen werden. Die drei Kernforderungen der Klimaschutzbewegung sind
- „Sagt die Wahrheit“,
- „Handelt jetzt“ und
- „Politik neu leben“.
So fordert Extinction Rebellion die Regierung auf, den Klimanotstand auszurufen und die Bedrohung der Klimakrise offenzulegen. Von PolitikerInnen, den Medien und allen gesellschaftlichen Institutionen wird erwartet, dass die Dringlichkeit eines Umsteuerns deutlich kommuniziert wird und jede*r Einzelne in diesen Prozess eingebunden wird.
Der zeitliche Horizont aller gesteckten Ziele ist bei Extinction Rebellion deutlich verkürzt. So soll Deutschland schon 2025 seine Treibhausgas-Emissionen auf Netto-Null senken. Wie dies konkret erreicht werden soll, bleibt offen, jedoch verweist die Bewegung gern auf Lösungsvorschläge der WissenschaftlerInnen weltweit, die seit Jahren vorliegen.
Aus linker Perspektive besonders interessant ist Forderung „Politik neu leben!“. Extinction Rebellion fordert die Regierung auf BürgerInnenversammlungen einzuberufen, in welchen „die notwendigen Maßnahmen gegen die ökologische Katastrophe und für Klimagerechtigkeit“ erarbeitet werden. Hierarchien und Machtstrukturen werden gezielt in Frage gestellt, um eine gerechte Teilhabe zu ermöglichen, gemeinschaftliche neue Strukturen zu schaffen und Machtverhältnisse zu verändern.
In Zeiten, in welchen medial nur die Grünen als RepräsentantInnen der Fridays for Future gesehen werden, sind diese systemhinterfragenden Ansätze für DIE LINKE besonders interessant. Zum jetzigen Zeitpunkt stellt sie die einzige politische Akteurin dar, die für eine Veränderung unserer Wirtschaftsweise und dem gesellschaftlichen Miteinander plädiert. Nur DIE LINKE hat erkannt, dass dann, wenn Wachstumszwang zum Problem wird, der Kapitalismus als Ganzes zum Problem wird? Ist für Profit grundsätzlich Wachstum nötig? Die LINKE kritisiert die Steuersysteme, Machtgefälle und Eigentumsverhältnisse und die daraus zunehmende soziale Ungleichheit und bezieht dies in ihre Klimapolitik ein. In das gleiche Horn stößt Dr. Maja Göpel, Expertin für Klimapolitik und die Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, sowie Mitglied in Scientists for Future: „Wenn es so weitergeht wie bisher, haben wir im besten Fall weltweit einen grünen Feudalismus, aber das löst ja die soziale Frage nicht.“ Für DIE LINKE ist es unerlässlich die soziale und die ökologische Frage grundsätzlich zusammen zu denken und gemeinsame Antworten zu finden. Nur so kann eine breite Mehrheit für progressive Klimapolitik gewonnen werden. Sie ist es, die Alternativen zum „jetzt“ bereithält und für diese zusammen mit den Menschen auf der Straße streiten kann.
Daher lohnt es sich aus linker Sicht, die bunten, kraftvollen und friedlichen Aktionen von Extinction Rebellion zu verfolgen und zu unterstützen. Die Forderungen der Gruppe, die erhebliche, aber notwendige Veränderungen unser aller Lebensstile und des vorherrschenden Systems bedeuten würden, sind nur gemeinsam und demokratisch zu gestalten und zu erkämpfen. Gehen wir es zusammen an.
Fotos von Ludwig Lindner