Aigners Antibiotika-Politik viel zu zögerlich
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- 28 September 2012
Vergangene Woche herrschte viel Aufregung im Hühnerstall. Nach monatelangen Debatten verabschiedete das Bundeskabinett endlich den Gesetzentwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes. 1.700 Tonnen Antibiotika landen jedes Jahr in den deutschen Tierställen. Das sind deutlich mehr als vermutet und zweifellos alarmierend. Allerdings sagt die Gesamtmenge nur wenig über die konkret dahinter stehenden Probleme. Fest steht aber: Antibiotika werden bei den jährlich in Deutschland gehaltenen 800 Millionen Nutztieren nicht nur zu häufig, sondern auch unsachgemäß angewendet. Das erhöht das Risiko von Resistenzen. Die so wichtigen Arzneimittel wirken nicht mehr so gut bei der Behandlung von Infektionserkrankungen. Beim Mensch und beim Tier. Deshalb muss der Missbrauch von Antibiotika dringend reduziert werden. Nicht nur in der Nutztierhaltung, sondern auch bei Klein- und Heimtieren und auch bei uns Menschen.
Doch der Vorschlag der Bundesregierung ist inkonsequent und behandelt höchstens Symptome, statt die Ursachen anzugehen. Zum Beispiel ist eine bundesweite Datenbank zur Ermittlung von Problembetrieben zwar gut, reicht aber lange nicht aus.
Die Linksfraktion hat bereits im Januar 2012 einen umfassenden Antrag zur Lösung der Probleme in den Deutschen Bundestag eingebracht. Dabei stand die Ursachenbekämpfung im Mittelpunkt. Beispielsweise gehört die Art und Weise wie Tiere in der Bundesrepublik gehalten werden auf den Prüfstand. Die Verbesserung der Tiergesundheit muss stärker in den Fokus rücken. Dazu gehört eine bessere Stallhygiene, besseres Stallklima und eine vernünftige Begrenzung der Bestandsdichten. Nicht nur in den Ställen, sondern auch den Regionen.
Die Behandlung aller Tiere in einem Stall mit Antibiotika sollte nur noch ausnahmeweise erlaubt sein. Die tierärztliche Betreuung der Höfe und Ställe muss verbessert werden. Das muss den gesamten Lebenszeitraum des Nutztieres umfassen, also von der Aufzucht, über die Mast bis hin zur Schlachtung. Im Kampf gegen den zu hohen Antibiotika-Verbrauch muss die Tierärzteschaft gestärkt werden, die wiederum schwarze Schafe in ihren Reihen nicht dulden darf. Sie sollten die Daten erfassen und an die Behörden melden. Die Meldepflicht für Fälle von verringerter Wirksamkeit eines Antibiotikums muss umgesetzt werden. Die Ämter müssen die Plausibilität der Datenbankeinträge prüfen, damit Betrug schnell aufgedeckt wird. Falls sie Unstimmigkeiten feststellen oder ein Betrieb negativ auffällt, muss ein wirksames und vor allem verbindliches Reduktionskonzept erarbeitet und auch durchgesetzt werden. Gemeinsam mit dem Landwirt oder der Landwirtin, nicht gegen ihn oder sie. Verstöße gegen die Vorschriften im Arzneimittelgesetz müssen konsequent verfolgt und geahndet werden. Besonders wichtige Antibiotika sollten ausschließlich für Menschen angewendet werden dürfen und haben im Stall nichts zu suchen.