Antibiotika-Demo vor dem Bundestag
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- 29 November 2012
Sitzungswoche des Deutschen Bundestages, Mittwoch früh. Es regnet in Berlin und ist stockdunkel. Ein Gruppe Menschen hat vor dem Reichstag eine Aktion angekündigt. In weiß gekleidete Aktivist_innen spritzen einen riesigen Mastbroiler mit Antibiotika voll. Die Demonstrant_innen wollen auf den immensen Antibiotika-Missbrauch in der gewerblichen Nutztierhaltung hinweisen. Um 8 Uhr tagt der Agrarausschuss des Hohen Hauses und hat sich zu seiner Antibiotika-Anhörung Expert_innen eingeladen.
Die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Dr. Kirsten Tackmann, sucht das Gespräch. Sie diskutiert mit den Protestierenden und erläutert die Position der Linksfraktion. Wichtig sei eine deutliche Reduktion der Antibiotika im Stall. Tackmann kritisiert den laschen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Arzneimittelgesetz. „Statt Antibiotika als Allzweckwaffe einzusetzen, müssen Fehler bei den Tierhaltungsbedingungen und der Betreuung der Tierbestände korrigiert werden,“ sagt Tackmann. Die Haltungssysteme müssten auf den Prüfstand. Die integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung müsse verpflichtend sein. Darüber hinaus seien maximale Besatzdichten für einzelne Ställe, Tierhaltungsstandorte und Regionen festzulegen.
Das Thema Antibiotika-Missbrauch im Stall beschäftigt die Bundestagsabgeordneten seit Herbst 2011. Auch wenn das Thema bereits seit Jahren bekannt ist, wurden viele durch zwei Studien aus NRW und Niedersachsen aufgeschreckt. Sie belegten erstmals mit Zahlen, wie viel Antibiotika in den Trog oder über das Trinkwasser der Tiere verabreicht werden. Agrarministerin Aigner präsentierte pünktlich zur Grünen Woche 2012 einen Maßnahmekatalog, wie der Antibiotikaverbrauch in den Ställen der Bundesrepublik reduziert werden könnte.
Die aktuell debattierte Novelle des Arzneimittelgesetzes ist ein kleiner Baustein des Aigner-Plans. Doch er ist zu lasch, wie viele Expert_innen bei der Anhörung im Agrarausschuss betonten. Die Art und Weise, wie in Deutschland Tiere gehalten werden, gehöre auf den Prüfstand. Doch weder im laufenden Überarbeitungsverfahren zum Tierschutzgesetz, noch in der gerade gestarteten Debatte zum Tiergesundheitsgesetz wird darauf eingegangen. Das kritisierten der Bundesverband praktizierender Tierärzt_innen und einen Behördenvertreter aus Mecklenburg-Vorpommern. Unverständlich sei auch, warum die geplante Datenbank zur Erfassung des Antibiotikaverbrauchs nur auf bestimmte Lebensbereiche der Tiere reduziert werden soll. Anstatt nur den Mastbereich zu dokumentieren, sollten alle Daten während des gesamten Lebens der Nutztiere erfasst werden. Also auch die Zucht oder die Aufzucht. Zu erwarten ist, dass die Kritik der Sachverständigen an der Koalition abtropfen und sie den Gesetzentwurf weitestgehend unverändert durch das Parlament bringen wird. So wichtig Anhörungen auch sein mögen, zu Änderungen am Gesetzentwurf führen sie in der Regel nicht.
Dabei ist das Antibiotika-Thema wirklich wichtig. Zeigt es doch, dass sich Verbraucher_innen dafür interessieren, wie die Tiere gehalten werden und wie sich dies auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Die Linksfraktion hat ihre Vorschläge bereits im Januar 2012 auf den Tisch gelegt. Im Antrag „Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung reduzieren“ (17/8348) forderten die Abgeordneten, den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung wirksam zu reduzieren. Es dürfe nicht bei Ankündigungen bleiben, sondern brauche Veränderungen in den Ställen. Die AMG-Novelle wird im Jahr 2012 nicht mehr abgeschlossen, damit ist in den ersten Wochen des Neuen Jahres zu rechnen. Die Linksfraktion plant, ihre Kritik in Form eines Entschließungsantrages zu erneuern.