Wir brauchen faire Milchpreise!
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- 15 Januar 2011
In Europa ist der Erzeugerpreis für Milch - abgesehen von einem kurzen Zwischenhoch 2007 - seit Jahren nicht kostendeckend. Bei aktuell 20 cent / Liter stehen viele einheimische Milchviehbetrieben längst mit dem Rücken zur Wand. Nach Monaten mit hohen Verlusten haben manche bereits aufgegeben. Eine Abwrackprämie für Kühe wurde nun vorgeschlagen. Sie wäre aber keine Lösung, sondern eine Sterbehilfe für die Betriebe. Pro Jahr geben 5% auf. Sinnvoll wäre, wenn mit der Kuh auch die Milchquote (erlaubte Milchproduktionsmenge) staatlich aufgekauft würde. Die Discounter mit ihren Dumpingpreisen und die Molkereien verdienen mit der Milch viel Geld. Im Gegensatz dazu können viele Milchbäuerinnen und Milchbauern ihre Kosten nicht decken. Schuld ist eine verfehlte Politik. In Deutschland gibt es nur noch wenige Lebensmittelketten und Molkereien. Diese wenigen haben eine erpresserische Marktmacht gegenüber den vielen Milcherzeugerinnen und Milcherzeugern. Hinzu kommt, dass zu viel Milch produziert und diese zu wenig veredelt (z.B. zu Käse oder Joghurt) wird.
Seit über 20 Jahren darf in Europa ein Betrieb nur Milch entsprechend der Quote produzieren, die er gekauft hat. Aber die ausgegebenen Quoten waren immer höher als die einheimische Nachfrage. Diese überhöhte Angebotsmenge trägt zu niedrigen Erzeugerpreisen bei. Eine Quotenkürzung wäre sinnvoll. Das lehnt die EU jedoch ab. Abhilfe soll stattdessen der Abfluss der überflüssigen Milch durch Exportsubventionen auf den Weltmarkt schaffen. Aber das niedrige Preisniveau dort deckt nicht die hiesigen Produktionskosten. Exporte müssen hoch subventioniert werden. Das ist teuer und verlagert das Problem. Regionale Märkte in den so genannten Entwicklungsländern werden destabilisiert. Hierzulande müssen Kühe verkauft und Höfe aufgegeben werden. Damit gehen die oft letzten Arbeitsplätze in den Dörfern verloren und Grünland bleibt ungenutzt. Die Zeche für die Weltmarktfantasien der aktuellen EU-Agrarpolitik bezahlen die Menschen auf dem Land.
Eine zukunftsfähige EU-Agrarpolitik muss sich an der regionalen Nachfrage und fairen Handelsbedingungen orientieren. Nicht nur im Milchsektor. Der unregulierte Weltagrarmarkt führt in eine Sackgasse. Dumpingerzeugerpreise rauben den ländlichen Räumen ihre Zukunft – in Europa und in der Welt. DIE LINKE fordert die Stärkung der Erzeugerseite. Sie muss mit Molkereien und Discountern auf Augenhöhe verhandeln und einen kostendeckenden Erzeugerpreis erzwingen können. Das muss nicht zu höheren Milchpreisen im Laden führen. Der Gewinn muss nur zwischen Handel, Verarbeitung und Erzeugung fairer verteilt werden. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wären bereit, etwas mehr Geld für Milch zu zahlen - aber nicht in die Tasche von Discountern oder Molkereien. Dazu brauchen sie selbst mehr Geld. So hat die allgemeine Armutsentwicklung im Land auch etwas mit dem Sterben der Milchkühe und der Dörfer zu tun.