Schweine impfen statt keulen
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- 11 Mai 2012
Stellt eine Amtstierärztin einen Schweinepest-Befund fest, schrillen die ganz großen Alarmglocken. Sperr- und Pufferzonen werden eingerichtet. Betroffene und benachbarte Schweinebestände sind dem Tode geweiht, um die anderen Bestände zu retten. Im März 2006 waren das z. B. in NRW 92.000 Tiere. Das stellt die tierhaltenden LandwirtInnen vor eine emotionale Herausforderung. Aber auch die Bevölkerung würden Bilder von Bergen toter Tiere in den Medien erschrecken. Die brennenden toten Rinder beim MKS-Seuchezug vor einigen Jahren in Großbritanien sind vielleicht noch in Erinnerung.
Solche Massentötungen müssen auf die wirklich unvermeidlichen Fälle beschränkt werden. Manchmal sind der eigentliche Grund für solche Maßnahmen befürchtete Handelshindernisse durch alternative Maßnahmen. Das gilt für die Schweinepest. Die Schweine könnten anstatt getötet notgeimpft werden. Lange war das schwierig, weil geimpfte Tiere nicht sicher von infizierten unterschieden werden konnten. Was von Handelspartnerländern zum Vorwand genutzt worden wäre, den Handel einzuschränken oder zu verbieten. Unterdessen ist das aber längst unbegründet. Dank einer Markierung im Impfstoff kann heute klar zwischen einem infizierten und einem immunisierten Schwein unterschieden werden. Daher ist Notimpfen statt Keulen längst überfällig.
Genau das fordert der überfraktionelle Antrag. Auch DIE LINKE war bis kurz vor Schluss an der Erarbeitung des Antrages beteiligt, wurde dann aber von der Union an der gemeinsamen Einreichung gehindert. Leider bleibt die Union weiter bei dieser undemokratischen Praxis. SPD, Grüne und FDP hindern sie leider auch nicht daran. Weil wir das Anliegen aber unterstützen, der Antrag jedoch wesentliche Lücken aufweist, hat sich die Linksfraktion der Stimme enthalten.
Kritisiert haben wir zum Beispiel, dass die Bedeutung der Agrarforschung im Antrag unterbelichtet bleibt. Genauso wenig wird auf die hohen Tiergesundheitsrisiken durch den auf Export orientierten Schweinemarkt eingegangen. Über den (sehr hohen) Eigenverbauch hinaus werden in der EU aktuell 10 % mehr Schweine produziert. Zugleich wird in der EU Jahr für Jahr weniger Schweinefleisch verzehrt. Damit wird die Schweinebranche sogar abhängig vom Export. Gleichzeitig werden aktuell 80% der benötigten Eiweiß-Futtermittel importiert, obwohl sie z. B in Lateinamerika unter problematischen sozialen und ökologischen Bedingungem produziert werden. Das alles sind Gründe genug, den Umgang mit der Schweinepest deutlich strategischer auf den Prüfstand zu stellen.
Die Rede von MdB Dr. Kirsten Tackmann vom 10. Mai 2012 finden Sie hier.