Klimaverhandlungen in Paris: Le Bourget in der Warteschleife

logo ebs cop parisEigentlich wollten die Franzosen schon am Freitag mit einem fertigen Klimaabkommen ins weekend. Doch ganz so einfach war die Landung zum Pariser Weltkimavertrag dann doch nicht. Überraschen tut das hier trotzdem niemanden. Noch nie wurde eine Klimakonferenz pünktlich fertig. Die Gastgeber versuchen das Ringen um einen »sauberen Abschlusstext« weiter in die richtige Richtung zu lotsen.

Gestern, am späten Abend kam der vorletzte Entwurf. Kaum noch Klammern, dafür aber nur noch halb so viele Worte wie noch vor einer Woche. Die »Feuermauer« zwischen Industrieländern mit hoher Verantwortung für Klimaschutz und Finanzierung, und Entwicklungsländer mit wenigen Verpflichtungen, wie sie in der Klimakonvention seit Jahren gilt, sie wurde etwas angeknackst.

Journalisten warten auf eine der zahlreichen Pressekonferenzen des Weltklimagipfels (Foto: privat)Wie erwartet machen die G77-Staaten und China dicht. Es werden noch viele lange Stunden vergehen, auch in der Nacht zum Sonnabend wird gepokert und geschachert. Wer weiß, ob sogar noch der Samstagabend zur Rettung des Weltklimas drauf geht.

Die Franzosen haben mehrere »Formate« in der Hand. Das »Comité de Paris« ist das Plenum aller Staaten. Hier reicht man am besten einen Text ein, der auf möglichst wenig Gegenwehr stößt. damit dies der Fall ist, wird davor davor das »Indaba des Solutions«-Format einberufen. Auf MinsterInnen-Ebene werden Knackpunkte beraten. COP-Präsident Fabius drückt hier aufs Gas.

Wer nicht zufrieden ist, der soll keinen lange Reden halten. Sind sich zwei Parteien nicht einig, gehen sie zum Vier-Augen-Gespräch um die Ecke, und dürfen erst zurück, wenn sie eine Lösung präsentieren können. Dafür stehen Fazilitatoren bereit, »Möglichmacher«. Der Zeitrahmen beträgt eine Schulstunde: Konsenssuche auf Französisch.

    Staatssekretär Jochen Flassbarth erklärt den Klimapoker     Foto: privatAuf einer Pressekonferenz mit Klimawissenschaftlern wird über das neue 1,5-Grad-Limit diskutiert, das im aktuellen Entwurf als globales Ziel genannt wird. Ganz mit vorne dabei: Hans Joachim Schellnhuber. Alle sind sich einig, auch für das 2-Grad-Ziel, dass ohne einen klaren Weg, wie die Erderwärmung zu stoppen ist, die Ziele zwar als Signalwirkung für Politik, Gesellschaft und vor allem die »business community« haben.

Aber ohne ein Abkommen, dass diesen Weg nicht verbindlich vorgibt, der Klimaschutz auf übermorgen verschoben wird. Und sich die Erde zu stark erwärmt, mit den bekannten katastrophalen Folgen für die Menschen. Auch die Wissenschaftler hoffen auf ein gutes Ende der Verhandlungen. Später treffe ich Schellnhuber, Direktor des Potsdamer Institutes für Klimafolgenforschung und langjähriger Klimaberater des Kanzleramtes, am »Deutschen Pavillon«. Wir kennen uns seit Jahren, von Klimakonferenzen, Podiumsdiskussionen, aus dem Parlament.

Die Frage des Tages ist die nach der »Operationalisierung«. Wir wird das 1,5- oder 2-Grad-Ziel umgesetzt? Der deutsche Vorschlag der »Dekarbonisierung«, der auf dem G7-Gipfel in Elmau als großer Durchbruch beklatscht worden war, ist nicht mehr im Spiel. Der neue Vorschlag zum Langfristziel trägt den Namen einer Kompromissformel: »greenhouse gas emissions neutrality«, also »Treibhausgasemissionsneutralität«.

Ein konkretes Ziel für das Wortungeheuer: Fehlanzeige. Auch lässt die Neutralität die Frage nach der Energieform der Zukunft offen: Atomkraft ist eine falsche, aber durch den Entwurf juristisch mögliche Option. Auch werden die Klimaschutzbeiträge der Länder, die bisher in eine Welt mit über 3,5 Grad Erderwärmung führen, nicht schnell genug aufgestockt. Und neue Ziele sind freiwillig. Für die EU eine »bittere Pille«, heißt es in Diplomatenkreisen.

Am Abend geht es quer durch die Stadt. Im Süden, an der Linie 7 treffe ich einen Klimaaktivisten. Heute hatte er eine Gerichtsverhandlung, sein Quartier darf er nicht verlassen. Morgen, am Sonnabend, wird er nicht wie viele Tausend an Aktionen des zivilen Ungehorsams teilnehmen können. Und genau den braucht es. Denn es geht nicht darum, das Klima zu retten. So pathetisch es sich anhören mag: es geht um die Zukunft der Mehrheit. Und die Mehrheit ist arm, nicht reich.

Die Ungerechtigkeit muss sich ändern, nicht das Klima. Und wir müssen wieder klar machen, wer an der Zerstörung der Umwelt verdient. Und wer den Profit davon trägt, damit sich endlich etwas bewegt.

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