Jagdanhörung im Bundestag
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- 20 Februar 2013
Seit Wochen werden die Büros der Bundestagsabgeordneten von Jagdgegner_innen mit Massenmails überflutet. Etliche Hundert mails sind bereits eingegangen. Sie kritisieren einen unzureichenden Gesetzentwurf der Bundesregierung und fordern dessen Ablehnung. Durch den Gesetzentwurf soll das Bundesjagdgesetz so geändert werden, dass jagdfreie Grundstücke entstehen können. Dies wird als „Befriedung“ bezeichnet und soll auf Antrag gewährt werden, wenn der Grundstückeigentümer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Die Massenmails wenden sich an die „jägerhörige Politik“. Die Jagd sei nach der Landwirtschaft „Artenfeind Nr. 2“, wird behauptet. Argumentieren ist meistens aussichtslos, leider.
Bisher gilt in Deutschland eine flächendeckende Bejagung, welche nur in bewohntem Gebiet und in Totalreservaten einiger Schutzgebiete nicht erlaubt ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) urteilte jedoch im Jahr 2012, dass zumindest die Möglichkeit eingeräumt werden muss, das Jagen auf dem eigenen Grund und Boden zu unterbinden.
Am 20. Februar fand im Deutschen Bundestag eine Anhörung zum kritisierten Gesetzentwurf statt. Medial überschattet wurde das Treffen mit den Expertinnen und Experten von der Debatte über den Pferdefleischskandal. Dabei war die Jagd-Anhörung nicht minder spannend. Dietrich Mehl von der Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Waldwirtschaft aus Brandenburg betonte die „klare Dienstleistungsfunktion“ der Jagd. Sie sei „Mittel zum Zweck“. Der Experte sprach sich für eine Jagdausübung aus, die sich an waldbaulichen Zielen der Eigentümer_innen und gesellschaftlichen Ziele (Bsp: Waldumbau) zu orientieren habe. Der Waldumbau sei sehr wichtig. „Es gibt in hohem Maße Gratiskräfte der Natur, die man dafür nutzen kann“, so der Forstfachmann. Doch dafür bräuchte es angepasste Wilddichten. Die Frage der Befriedung sei „eher ein nachgeordnetes Problem“, so Mehl.
Das sieht auch die Linksfraktion so. Sie setzt sich für eine enge Auslegung des EGMR-Urteils ein und kann den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Regelungen größtenteils zustimmen. „Die individuell verständliche ethische Ablehnung der Jagd muss mit gesellschaftlichen Interessen wie dem Waldumbau, Arten- oder Tierseuchenschutz abgewogen werden“ sagt die Forstexpertin der Bundestagsfraktion, Dr. Kirsten Tackmann. Die Begrenzung des Antragsrechts auf natürliche Personen und die Abwägungsregelungen der Behörden fanden die meisten Sachverständigen angemessen.
Die Linksfraktion steht für eine naturnahe Waldbewirtschaftung. Um naturverträgliche Wildbestandshöhen zu sichern sollten nur wenige Flächen von der Jagd ausgenommen werden, so Kirsten Tackmann. Diese müsse „selbstverständlich nach strengen wildbiologisch begründeten und tiergerechten Regeln erfolgen und zeitlich begrenzt sein. Jagdfreie Grundstücke sollten begründete Ausnahme sein.“ Aus Sicht ihrer Fraktion sei es bedauernswert, dass die Gesetzesnovelle nur auf das Thema Befriedung beschränkt wird. Im ursprünglichen Gesetzentwurf aus dem Hause Aigner seien „Themen wir Jagd- und Schonzeiten, sowie ein Fütterungs- und Medikamentengabeverbot“ noch enthalten gewesen, so die agrarpolitische Sprecherin.
Die Linksfraktion hält es angesichts der historisch hohen Schalenwildbestände und des dringend notwendigen Waldumbaus für wichtig, die Regelungen zum Jagdrecht auf den Prüfstand zu stellen. Die Jagd muss zu einer naturnahen Waldbewirtschaftung beitragen. Die Art und Weise wie gejagt wird, ist sicherlich reformbedürftig, war aber leider nicht Teil der Anhörung. Debatten über die Jagd finden im Deutschen Bundestag zu selten statt. Das muss sich ändern.