Habgier und Verblendung
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- 14 Oktober 2010
Wer sich für Atomstrom begeistert, dem sei ein Besuch im Zwischenlager in Gorleben empfohlen. Mitten in der ländlichen Idylle des wunderschönen bewaldeten Wendlands findet man hier das Grässlichste, was unsere Generation ihren Erben hinterlassen wird: 91 Castoren mit strahlendem Müll, aufgereiht in einer zugigen Halle.
Bevor man sie irgendwo in ein Erdloch versenken kann, müssen sie noch Jahrzehnte lang abkühlen. Was den Atomstromklüngel nicht daran hindert, immer weiter hoch radioaktiven Müll zu produzieren. Anfang November rollen die nächsten Castoren im Wendland an.
Warum gerade hier? Die Vorgeschichte ist ebenso spannend wie skandalös. Denn neben der zugigen Halle bohrt die „Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH“, kurz DBE, seit 1983 mit Milliardenkosten im Salz herum. Auf Geheiß politischer Entscheidungsträger vor allem von CDU und FDP, die seit Jahrzehnten versuchen, sich selbst und der Öffentlichkeit einzureden, dass der heiße, noch hunderttausende Jahre strahlende Müll genau an diesem Ort -im Salzstock Gorleben-Randow- sicher weggeschlossen werden kann. Trotz Laugen, Rissen und Gasen, trotz der katastrophalen Erfahrungen mit Morsleben und der Asse. International hat man sich längst von der Vorstellung verabschiedet, Salz wäre ein geeignetes Medium für die Endlagerung von Atommüll. Woher kommt die deutsche Unbelehrbarkeit? Wie immer sind handfeste ökonomische Interessen der Grund.
Früher war die DBE einmal ein staatliches Unternehmen, inzwischen gehört sie größtenteils den Energiekonzernen- also den Müllverursachern. Mit staatlicher Beihilfe bestehen die darauf, eben dieses Bergwerk zum Endlager zu erklären. Ein anderer Standort, kommt für die Atomkonzerne nicht in Frage. Selbst wenn er wesentlich geeigneter wäre- vielleicht gerade deshalb wird er gar nicht erst gesucht. Zuerst (in den 70ern) weil man dachte, die Wendländer im Zonenrandgebiet würden schon stillhalten. Danach, als sie nicht stillgehalten haben und es zu einer beispiellosen Anti-Atom-Protestbewegung kam, standen die Konzerne unter Zeitdruck – ohne Endlagernachweis keine Betriebsgenehmigung für ihre Atomkraftwerke. Heute geht man einfach davon aus, dass schon zu viel Geld nach Gorleben geflossen ist.
Seit Oktober diesen Jahres wird nach zehnjähriger Unterbrechung wieder im wendländischen Salz „erkundet“. Irgendwann, wenn es auf Biegen und Brechen nicht mehr möglich sein wird, die Endlagerkriterien an das anzupassen, was an desaströsen Bedingungen in Gorleben existiert, wird die Erforschung auch offiziell ergeben, was alle längst schon wissen: Der Salzstock Gorleben ist ungeeignet. Die Frage:“ Wohin mit dem hochgradig strahlenden und gefährlichen Müll aus den Reaktoren deutscher Atomkraftwerke?“ bleibt ungeklärt wie eh und je.
Trotzdem verlängert die schwarz-gelbe Regierung in ihrem Energiekonzept die (irreführenderweise als Atomausstieg bezeichnete) rot-grüne Garantie, Atomkraftwerke 32 Jahre lang betreiben zu dürfen, nunmehr um weitere 12 Jahre. Selbst nach staatlicher „Gewinnabschöpfung“ und geheimvertraglicher Sonderabgabe bedeutet das für die Atomkonzerne wenigstens 67 Milliarden Euro mehr Profit zu Lasten heutiger und kommender Generationen. 5.000 Tonnen zusätzlichen Atommülls werden kaltschnäuzig in Kauf genommen.
Die Fraktion DIE LINKE ist dabei, wenn die Wendländer – und mit ihnen tausende Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet – auch weiterhin nicht still halten. Wo sich Staat und Konzerne über den Willen der Mehrheit hinwegsetzen, nehmen wir unser Grundrecht auf Protest wahr. Wir lassen uns dabei nicht kriminalisieren, wie es das Niedersächsische Innenministerium schon wieder im Vorfeld versucht. Wir lassen uns auch nicht einschüchtern, wir kämpfen für den unverzüglichen, unumkehrbaren Atomausstieg. Für den Klimaschutz, für erneuerbare Energien, für Demokratie und eine lebenswerte Zukunft.