Infotour zu Fracking durch Polen
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- 20 Juni 2012
- von Andreas Fuhs
In Polen werden verhältnismäßig große Vorkommen an Schiefergas vermutet, das mit Hilfe des so genannten Fracking gewonnen werden soll. Angesichts der Abhängigkeit Polens von Gasimporten aus Russland ist das Bedürfnis nach Eigenversorgungsmöglichkeiten dort noch erheblich größer als in Deutschland. Jedoch gibt es auch in Polen in den betroffenen Regionen immer wieder Proteste der Anwohner und von Umweltschutzverbänden.
Die Bundestagsabgeordnete Johanna Voß informiert sich während einer viertägigen Tour (19.-22. Juni 2012) vor Ort in Nordpolen über die Diskussionen & Politik zu Fracking in Polen und berichtet ihrerseits über die energiepolitische Situation in Deutschland. Sie trifft sich unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und von Bürgerinitiativen, die gegen das Fracking kämpfen.
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Am ersten Tag traf Johanna mit Radoslaw Gawlik, Vorsitzender der gegen Fracking aktiven Eco-Unia, und mit Dr. Piotr-Pawel Bauć, Sejm-Abgeordneter für die Palikot-Bewegung zusammen. Dabei stieß besonders die rechtliche Situation in Deutschland auf großes Interesse: Wie kann man das Bergrecht reformieren, so dass es auch Umweltschutzbelange und die Belange der Menschen vor Ort berücksichtigt? Was kann ein Moratorium wie in Nordrhein-Westfalen wirklich bewirken? Was ist vom ExxonMobil-Dialog zu halten?
20. Juni 2012 - Von Atomkraft bis Fracking
Am zweiten Tag der Informationsreise von MdB Johanna Voß durch Nordpolen standen sowohl die Atomenergie als auch Fracking im Mittelpunkt der Gespräche. Sie traf sich mit Małgorzata Ostrowska, Seimikrätin der Wojewodschaft Pommern und von 1993-2007 Mitglied der Sejm für die linken Demokraten (SLD), und mit Anti-Atom-Aktivisten aus der Nähe des in der Region vorgesehenen AKW-Standorts. Außerdem nahm sie an einem ersten Treffen von Bürgerinnen und Bürgern in Lębork, die von der Gassuche betroffen sind, teil. Johanna Voß berichtet:
AKW-Neubau in Żarnowiec
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Zurück in Danzig traf ich mich vormittags zunächst mit Małgorzata Ostrowska, Seimikrätin der Wojewodschaft Pommern und von 1993-2007 Mitglied der Sejm für die linken Demokraten (SLD). Sie ist vor allem aus wirtschaftlichen Gründen gegen Atomkraftwerke und hat mit ihrem Nein verhindert, dass Geld aus einem Topf für Umwelt für das Atomprojekt verwendet wird. Einig waren wir uns bei dem Ziel des Ausbaus Erneuerbarer Energien und der Steigerung der Energieffizienz.
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Fracking
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In Polen wurde zum 1. Januar das Bergrecht durch ein Sondergesetz (Specustawa) geändert. Seither hat das Aufsuchen von Gas Vorrang vor den Interessen der AnwohnerInnen. Für den Bau von Trassen und Rohrleitungen kann ohne Entschädigung enteignet werden. Durch Artikel 41 des Gesetzes wird AnwohnerInnen und NachbarInnen das Klagerecht genommen. Im Mai wurde das Bergrecht ein weiteres Mal geändert. Es soll AnwohnerInnen von Bohrstellen unangemessen niedrige Entschädigungen sichern – aber nur in unmittelbarer Nähe im Umkreis von 40 Metern um die Anlage.
Wenn es den BewohnerInnen nicht gelingt, bereits die seismischen Untersuchungen des Umweltministeriums zu verhindern, und das Grundstück für Probebohrungen für geeignet gehalten wird, ist es daher bereits zu spät. Denn wenn die BürgerInnen angesprochen werden, ist die Änderung im Grundbuch schon erfolgt. Eine Frau berichtet, sie habe die Wagen mit den seismischen Geräten verfolgt und die Fahrer zur Rede gestellt. Diese gaben keine Antworten und weigerten sich, das Grundstück zu verlassen. Daher hat sie die Polizei gerufen und konnte so die Untersuchungen verhindern. Einer anderen Frau wurde von der Staatsanwaltschaft empfohlen, ihr Grundstück einzuzäunen. Das sind aber 35 Hektar. Immer wieder wurde beklagt, das das alles undemokratisch sei und es keine Informationen gäbe.
Die Anwesenden fragten interessiert nach der Situation in Deutschland. Nachfragen betrafen unter anderem die Erdbebengefahr, das Problem der Entsorgung der Abwässer, den ExxonMobil-Dialog und die Quecksilber- und Benzolvergiftungen in Niedersachsen.“
Weitere Reiseeindrücke folgen in Kürze...