Der Wandel ist unausweichlich
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- 15 September 2015
Rund 60 Interessierte aus von Braunkohle betroffenen Regionen, aus Verbänden und Wissenschaft sowie aus der Politik besuchten am 11. September das Fachgespräch der LINKEN im Bundestag zum Strukturwandel in der Braunkohle. Klar war allen: Der schrittweise Ausstieg aus der klimaschädlichen Braunkohleverstromung ist unausweichlich. Heftig war im vergangenen Halbjahr über den mittlerweile gescheiterten Klimabeitrag diskutiert worden, den Charlotte Loreck vom Öko-Institut Berlin nun nochmals vorstellte. Beschäftigte in den Revieren beunruhigt die Veränderung genauso wie in Zuliefererfirmen. Sie fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen und Einkommen. Den Kommunen drohen Steuereinnahmen und direkte Zuschüsse der Energiekonzerne zu städtischer Infrastruktur verloren zu gehen. Die Regionen werden sich dennoch wandeln müssen. Dafür brauchen sie Konzepte und Unterstützung. Der Wirtschaftsingenieur Frank Kutzner vom Planungsbüro SVU Dresden hat bereits im vergangenen Jahr eine Überblicksstudie zum Forschungsstand zur zukünftigen Entwicklung der Lausitz im Auftrag der sächsischen Landtagsfraktion der LINKEN vorgelegt, deren wesentliche Ergebnisse er referierte.
Übereinstimmend kommen die Studien zu dem Ergebnis, dass in einer Region, die einem tiefgreifenden Strukturwandel unterworfen ist, sogenannte Lock-in-Effekte die Menschen an Überkommenem festhalten lässt und diese „blockiert“. Doch die große Frage ist, wie können Menschen vor Ort befähigt werden neue Pfade zu gehen? Es komme darauf an, dass sich die regionale Wirtschaft stärker diversifiziere. Unter vielem anderen müssen lokale Akteure vernetzt und beteiligt und die Vereinbarkeit Familie-Beruf verbessert werden. Die bisherigen Forschungsvorhaben besitzen aus Sicht von Kutzer alle den Mangel, dass sie nicht verschiedene Szenarien entwickelt haben, die vergleichend einander gegenübergestellt werden könnten. Hier gebe es in der Forschungsarbeit noch einiges zu leisten.
Solche Szenarien entwickelt Ingo Neumann vom Büro für Szenarioplanung (NSP) Dresden zusammen mit lokalen Akteuren, der bereits vielfältige Erfahrung in der Begleitung von Strukturwandel in verschiedenen Regionen Deutschlands besitzt. Neumann ist Strategieberater und begleitet Zielfindungsprozesse vor Ort. Aus seiner Sicht ist es zunächst wichtig, die Ängste der betroffenen Menschen vor Ort ernst zu nehmen und daran anknüpfend positive Perspektiven zu entwickeln. Diese sollten an die Kultur und Identität sowie die Vergangenheit der Region anknüpfen und Strategieprozesse anstoßen. Dazu bräuchte es aber auch externe Mittel, mit denen Perspektiven zielgerichtet und aus der Region heraus verwirklicht werden.
Ob die Mittel, die die Unternehmen für die Folgekosten des Braunkohleabbaus zurück gelegt haben, überhaupt zur Verfügung stehen, ist völlig unklar. Dass sie nicht ausreichen, allerdings so gut wie sicher. Laut einer Kleinen Anfrage der LINKEN, liegen der Bundesregierung keine Daten über Sicherheitsleistungen und Rückstellungen der Bergbaubetreiber vor. Es gebe zudem momentan weder auf Ebene der EU noch in Bund und Ländern Programme, die sich explizit mit der sozial- und Beschäftigungspolitischen Begleitung des Strukturwandels im Braunkohletagebau befassen.
Der Strukturwandel, so waren sich mehrere Experten einig, sollte länderübergreifend diskutiert werden, ein Austausch zwischen Bergbauregionen ist vonnöten und Erfahrungen können genutzt werden. Je früher der notwendige Strukturwandel eingeleitet und begleitet werde, umso weniger schmerzhaft könne dieser mit den Betroffenen in der Region gestaltet werden. Die sächsische Landtagsfraktion DIE LINKE hat einen Gesetzentwurf zum Strukturwandel vorgelegt, zum dem bereits in der Vorwoche in Dresden Experten angehört worden waren. Das Fachgespräch der LINKEN in Berlin hat zu einem ersten Eindruck über Konzepte und Möglichkeiten der Begleitung Anstöße gegeben. Gleichwohl steht man hier erst am Anfang der Debatte, die aber unbedingt weitergeführt werden müsse. Eine Dokumentation der Veranstaltung finden Sie hier.