Tödlicher Klimaschutz, EU will Verwendung des Autokältemittels R1234yf erzwingen
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- 13 Februar 2014
Die Richtlinie 2006/40/EG regelt unter Artikel 5, Absatz 4, dass ab Anfang 2011 in neuen Personenkraftfahrzeugtypen nur noch Kältemittel für Klimaanlagen verwendet werden dürfen, deren Global-Warming-Potential (GWP) den Wert von 150 nicht überschreitet. Das neue entsprechende Kältemittel R1234yf ist jedoch höchst umstritten, besonders nach den Versuchen des Automobilherstellers Daimler, bei denen es bei simulierten Leckagen im Kältekreislauf zu Selbstentzündungen des Mittels kam. R1234yf ist leicht entzündlich ab 405°C, entzündet sich auch ohne Flamme an heißen Oberflächen und bildet bei der Verbrennung hauptsächlich Flurwasserstoff, der im menschlichen Körper als Flusssäure furchtbare Verletzungen bis hin zum Tod anrichtet.
Daimler lehnt wegen der Ergebnisse aus den Brandversuchen das Einfüllen von R1234yf ab und verwendet weiterhin das Mittel R134a, dessen GWP bei 1.430 liegt. Aktuell entwickelt Daimler eine mit CO2 als Kältemittel betriebene Klimaanlage, benötigt dafür aber noch etwa 3 Jahre Entwicklungszeit. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat Brandversuche in einem Tunnel unternommen und gesundheitsgefährdende Fluor-Wasserstoff-Konzentrationen in der Luft gemessen. Die DUH fordert das Verbot von R1234yf und die Verwendung von CO2 als Kältemittel. Aktuell unterstützen die deutschen Automobilhersteller den Aufbau eines Baukastensystems für eine CO2-Klimaanlage.
Probleme kommen aus Richtung EU. Der EU-Industriekommissar Antonio Tajani hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Verstoßes gegen die Richtlinie eingeleitet, nachdem eine von der EU gesetzte Übergangsfrist verstrichen war. Aber Tajani wurde bereits 2013 angeschrieben und auf die Gefahren von R1234yf hingewiesen. Wie seine formalistische Antwort zeigt, genügen dem Kommissar die Bewertungen „aller Hersteller“ und die Ergebnisse der Society of Automotive Engineers International (SAE International).
Zitat: „Detaillierte Risikobewertungen und Standardisierungsprozesse wurden ferner unter Einbeziehung aller Hersteller durchgeführt; diese kamen zu dem Schluss, dass im Vergleich mit anderen in Fahrzeugen verwendeten entzündbaren Flüssigkeiten, z. B. Motorenölen und Kraftstoffen, das Risiko bei der Verwendung von R-1234yf gleich oder geringer ist. Zu dem gleichen Ergebnis gelangte kürzlich die Society of Automotive Engineers International (SAE International). Am 25. Juli 2013 wurde der Abschlussbericht des Kooperationsforschungsprojekts CRP1234-4 zu R-1234yf veröffentlicht, dessen Ergebnisse bestätigen, dass R-1234yf sicher genug für die Verwendung in Klimaanlagen mit direkter Kühlung ist. Zudem muss die Auslegung mobiler Klimaanlagen auch internationalen Normen (ISO) genügen.“
Auch wenn jetzt so getan wird, als wäre nichts zu befürchten, geht doch aus der Bewertung der SAE International aus dem Vergleich mit anderen verwendeten entzündbaren Flüssigkeiten hervor, dass mit R1234yf ein weiteres Risiko hinzu kommt. Es geht aber nicht nur um das Risiko einer zusätzlichen Brandursache, sondern auch um die extrem giftigen Verbrennungsprodukte des Kältemittels. Es entwickelt sich im Brandfall ein Kontaktgift, dass auch in der Lage ist, übliche Schutzkleidung der Feuerwehren zu durchdringen.
Der Wert der maximalen Arbeitsplatzkonzentration (MAK) liegt für R1234yf (s. Tabelle rechts unten) bei 0,83 mg pro m³ Luft, umgerechnet knapp 1 ppm. Der MAK-Wert des international geächteten Giftgases Phosgen (s. Tabelle unten rechts) liegt bei 0,1 ml pro m³ Luft, bzw. 0,1 ppm. Phosgen ist lediglich eine Dimension giftiger, wird aber nicht wie Fluorwasserstoff auch über die Haut aufgenommen. Den Rauch brennender Autos einzuatmen wird tödlich sein und in eine Rauchwolke (ohne Einatmen) zu geraten, könnte Verletzungen nach sich führen, wenn das Kältemittel mit verbrennt. In Tunneln führen Brände häufig zu Katastrophen; mit Fluorwasserstoff in den Verbrennungsgasen sind die zusätzlichen Gefahren unabsehbar.
Fluorwasserstoff richtet schlecht ausheilbare bis dauerhafte Schäden an und von den furchtbaren Schmerzen stärkerer Verletzungen ist bekannt, dass selbst Opiate annähernd wirkungslos bleiben, Zitat (s. Seite 20): „Die Schmerzen treten sofort auf (Gehrmann 1948). Im weiteren Verlauf zerfällt die Haut durch Kolliquationsnekrose, so daß sehr schlecht heilende Ulcera entstehen. Die Schmerzen, die sehr lange anhalten, können sich bis zur Unerträglichkeit steigern. Gegen sie haben schon Opiate versagt {Haar 1954, Beck 1950).“
Der SAE International wirkt nach der Meldung des Handelsblattes vom 06.08.2013 nicht glaubwürdig, wenn er das Kältemittel verharmlost.
Zitat: „Der Weltverband der Automobilingenieure (SAE) schätzt die Brandgefahr des neuen Kältemittels R1234yf dagegen als gering ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass Autoinsassen durch eine Entzündung des Kältemittels gefährdet würden, sei nahezu sechs mal geringer als ein Fahrzeugbrand überhaupt, kalkuliert der Verband anhand eigener Berechnungen.“
Angesichts von über zwanzigtausend Kfz-Bränden pro Jahr in Deutschland wären ein Sechstel aber mehr als dreitausend Gefährdungen von Insassen durch das Kältemittel, wenn in einigen Jahren der vollständige Bestand umgestellt wäre. Die Aussagen des SAE International zeigen daher im Gegenteil eine extreme Gefährdungslage mit absehbar vielen Toten und Verletzten.
DIE LINKE fordert den EU-IndustriekommissarTajani auf, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzustellen und die Fristen für die Umsetzung der Richtlinie so anzupassen, dass eine ausreichende Entwicklungszeit für kohlendioxidgetriebene Klimaanlagen und Anpassungszeiten für die konstruktive Umgestaltung von Fahrzeugen vorgesehen wird.
Anmerkungen zum Sicherheitsdatenblatt:
Honeywell gibt im Sicherheitsdatenblatt 2008 das Kältemittel als „hochentzündlich“ an, ändert im neuen Datenblatt von 2013 die Einstufung auf „Extrem entzündbares Gas“. Angegeben wird auch unter „5. Massnahmen zur Brandbekämpfung“, dass ein vollständiger Schutzanzug und ein umgebungsluftunabhängiges Atemschutzgerät zu tragen sind. Das zeigt die Gefahren für Ersthelfer. Bei Bränden zu helfen ist unmöglich, wenn R1234yf in der Klimaanlage vorhanden ist. Aber es ist zu befürchten, dass viele Helfer das nicht wissen werden.
Aber bereits bei Freisetzung des Kältemittels selbst wird diese Anforderung im Sicherheitsdatenblatt unter „6. Massnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung“ gestellt. In einer Kfz-Werkstatt wird das in der Praxis nicht zu realisieren sein.
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Links:
Sicherheitsdatenblatt des Kältemittels R1234yf
Informationen für Ersthelfer (im Brandfall des Kältemittels)
Auswirkungen Flusssäure (Uni Kassel)
23.01.14 EU leitet Vertragsverletzungsverfahren ein
23.01.14 Deutsche Autohersteller entwickeln gemeinsam CO2-Klimaanlage
21.01.14 Deutsche Umwelthilfe: Brandversuch im Tunnel
03.01.14 Daimlers verbaut erste Prototypen von CO2-Klimaanlagen
01.01.14 Positionspapier ADAC
18.12.13 Deutsche Umwelthilfe und Feuerwehrverband fordern Kennzeichnungspflicht
18.11.13 Bevölkerung lehnt neues Kältemittel ab
09.08.13 Deutsche Umwelthilfe: Kraftfahrtbundesamt bestätigt Risiken
17.09.13 Antwort EU-Industriekommissar an Ralph Lenkert
07.08.13 Schreiben Ralph Lenkert an EU-Industriekommissar
07.08.13 OTZ: Schon 1286 Autos mit umstrittenem Kältemittel für Klimaanlage in Thüringen
25.07.13 DIE WELT: Daimler gewinnt Prozess im Kältemittel-Streit
26.04.13 Auto Bild: Terrorgefahr durch R1234yf?
16.04.13 EU fordert im Kältemittelstreit Einhaltung der Gesetze
22.03.13 Umweltbundesamt warnt vor Auto-Kältemittel
14.03.13 Bundesregierung bitte EU um Aufschub
06.03.13 n-tv: Audi, BMW, Porsche und VW unterstützen Daimler
28.02.13 Antwort Bundesregierung auf Anfrage DIE LINKE. zu Gefährdungen Mensch und Umwelt
21.02.13 GEO: Umwelt: Gift aus Klimaanlagen (1. Kommentierung Umweltschäden überhaupt)
16.02.13 Interview Ostthüringer-Zeitung mit Ralph Lenkert
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26.10.10 Antrag DIE LINKE.: ungefährliche Kältemittel verwenden
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24.06.10 Antwort Bundesregierung auf Anfrage DIE LINKE. zur Gesundheitsgefährdung
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