Endlich konkrete Maßnahmen umsetzen

 Rede von Herbert Behrens am 25.03.2010 zur integrierten Verkehrspolitik (Antrag der SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir hörten eben einen Bericht der Großen Koalition, die ihre vierjährige gemeinsame Verkehrspolitik kurz hat Revue passieren lassen. Ich meine, diese müsste man noch ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen. In dem Antrag der SPD geht es darum, dass der erfolgreiche Ansatz der integrierten Verkehrspolitik fortentwickelt werden soll. Das setzt erstens voraus, dass es diesen erfolgreichen Ansatz gibt,
(Beifall des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gustav Herzog [SPD]: Den hat es gegeben!)
und zweitens, dass man ihn wirklich fortsetzen will. Beides kann ich im Unterschied zu Ihnen, Frau Lühmann, so nicht erkennen.
Sie haben eben dargestellt, welche konkreten Aussagen dieser Antrag beinhaltet. Ich erkenne diese inhaltlichen Forderungen nicht.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie sind mit Ihrer Politik ja auch überhaupt nicht konsistent! Sie haben ja bis heute noch keine gemacht! Das ist doch das Problem!)
Ich finde vielmehr, Herr Beckmeyer, Ihr Antrag ist eine Ansammlung von verkehrspolitischen Phrasen und Widersprüchen.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie schreiben, die CO2-Belastung habe, bedingt durch den Autoverkehr, seit 1990 zugenommen. Hier von erfolgreicher Verkehrspolitik zu sprechen, das geht nun wirklich nicht.
Mobilität habe ihren Preis, heißt es an anderer Stelle in Ihrem Antrag. Dazu gehöre Verkehrslärm, Luftverschmutzung und Flächenverbrauch. Sie führen aber auch an, dass im Straßenverkehr in Deutschland jährlich 4 000 Menschen getötet und 70 000 schwer verletzt werden. Das ist eine Bilanz. Das ist aber keine Bilanz einer erfolgreichen Verkehrspolitik, sondern, im Gegenteil, die Bilanz einer erfolglosen und kontraproduktiven Verkehrspolitik.
(Beifall bei der LINKEN – Uwe Beckmeyer [SPD]: Da merkt man wieder, dass Sie sich mit diesem Thema noch nicht intensiv beschäftigt haben!)
Das ist auf jeden Fall kein erfolgreicher Ansatz.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist ja Hohn, was Sie erzählen!)
– Wenn Sie sagen, dass das Hohn ist, sollten Sie Ihren eigenen Antrag lesen. Das steht nämlich so in diesem Antrag drin.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie wissen doch, von welchen Zahlen bei den Verkehrstoten wir kommen? Das ist unglaublich!)
Sie machen in Ihrem Antrag Ausführungen zur sozialen Dimension der Verkehrspolitik. Doch auch hier machen Sie keine konkreten Lösungsvorschläge. Sie bleiben bei der Beschreibung und vermeiden beispielsweise die Aussage, dass ärmere Menschen durch Fahrpreiserhöhungen beim ÖPNV ausgeschlossen werden. Sie können nicht spontan eine Fahrt unternehmen und haben Schwierigkeiten, mit dem öffentlichen Personennahverkehr zu ihrer schlecht bezahlten Arbeitsstelle zu kommen. Wenn Sie das jetzt so sehen, frage ich mich: Warum haben Sie unseren Anträgen, beispielsweise zur Einführung einer Sozial-Bahncard, nicht zugestimmt?
(Beifall bei der LINKEN)
Sie haben es auch abgelehnt, Sozialticketinitiativen vor Ort zu unterstützen. Immer dann, wenn es konkret wird, entziehen Sie sich der Verantwortung. Das werden wir nicht akzeptieren.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist alles Schwätzerei, was Sie erzählen!)
– Herr Kollege Beckmeyer, da Sie gerade „Schwätzerei“ gesagt haben,
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ja! Mehr kann ich dazu nicht sagen!)
nenne ich Ihnen einige Beispiele. Ein Vorschlag, den wir eingebracht haben, um für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen und den CO2-Ausstoß zu reduzieren, ist die Einführung eines Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen.
Diesen Antrag haben wir vor zweieinhalb Jahren eingebracht. Sie haben ihn abgelehnt, obwohl der Parteitag der SPD nur zwei Wochen zuvor festgestellt hat: Wir brauchen ein Tempolimit, und die Bundestagsfraktion soll diese Forderung aufgreifen.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie waren noch nie in einer Koalition! Ich merke schon: Politisch erfahren sind Sie nicht!)
Ein weiteres Beispiel ist die Umstellung der Kfz-Steuer hin zu einer Bemessung nach dem CO2-Ausstoß. Auch diese Forderung haben Sie nicht vernünftig umgesetzt.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ja, ja! Reden Sie nur!)
Im Gegenteil, Ihr damaliger Umweltminister Sigmar Gabriel hat diese Umstellung blockiert. Umweltverbände haben ihn deshalb schon damals als Autominister bezeichnet; ich meine, zu Recht.
(Beifall bei der LINKEN – Uwe Beckmeyer [SPD]: Arbeiten Sie sich nur weiter an den Sozialdemokraten ab! Dann haben Sie Ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllt! Machen Sie nur weiter so!)
Es wurde schon erwähnt: Sie hatten als Regierungspartei elf Jahre Zeit, vier davon in der Großen Koalition. Sie haben es aber nicht geschafft, die Konzepte, die Sie heute fordern, umzusetzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt wollen Sie Ihre Versäumnisse erneut auf die Tagesordnung setzen. Sie bringen einen Antrag ein, in dem Sie formulieren, was Sie in den vergangenen elf Jahren nicht durchsetzen konnten. So darf man mit innovativen Verkehrskonzepten nicht umgehen. Ich denke, mit diesem Antrag tun Sie sich selbst keinen Gefallen.
(Gustav Herzog [SPD]: Mit dieser Rede tun Sie der Sache keinen Gefallen!)
Sie müssen konkreter werden. Denn integrierte Verkehrspolitik ist eigentlich intelligente Verkehrspolitik, und die erwarten wir von Ihnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)



> zur Übersicht der Bundestagsreden zum Thema Verkehr
> zur Übersicht Parlamentarisches