Abbau von Beteiligungsrechten

Dokumentiert in BT-Drs. 17/4587, Frage 14, S. 10f.

Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE.):

Für die Planungsverfahren welcher Anlagen, Verkehrswege oder Sonstiger würde die mit dem vorliegenden Referentenentwurf vom 6. Dezember 2010 für ein „Gesetz zur Vereinheitlichung und Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren“, vorgesehene Möglichkeit des Wegfalls des Erörterungstermins zusätzlich gelten vor dem Hintergrund, dass diese Möglichkeit für die Planfeststellungsverfahren von Bundesverkehrswegen mit dem Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben und für Industrieanlagen mit dem Gesetz zur Reduzierung und Beschleunigung
von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren bereits in den letzten Jahren in Einzelgesetzen eingeführt wurde, und für wie viele Verfahren fand § 73 Absatz 6 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in den Jahren 2009 bis 2010 jeweils Anwendung?


Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Ole Schröder vom 19. Januar 2011

Vorbemerkung

Der Erörterungstermin im Planfeststellungsverfahren dient dazu, Einwendungen der von dem geplanten Vorhaben Betroffenen und Stellungnahmen anerkannter Umweltschutz- einschließlich Naturschutzvereinigungen gemeinsam mit dem Vorhabenträger und der Anhörungsbehörde zu erörtern. Die Einwendungen und Stellungnahmen liegen der Anhörungsbehörde somit bereits vor Durchführung eines Erörterungstermins vor und sind auch ohne dessen Durchführung im Rahmen der umfassenden Abwägung aller privaten und öffentlichen Belange zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für den
Erörterungstermin im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Verfahren nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

1. Planfeststellungsverfahren

In Planfeststellungsverfahren nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Luftverkehrsgesetz, dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz und dem Energiewirtschaftsgesetz stand es aufgrund des  Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes von 2006 bereits in den Jahren 2009 und 2010 im pflichtgemäßen Ermessen der Anhörungsbehörden,
auf den Erörterungstermin zu verzichten.

Der Referentenentwurf würde zusätzlich bei folgenden Vorhaben die Durchführung eines Erörterungstermins in das pflichtgemäße Ermessen der Anhörungsbehörde stellen, in denen diesen bislang nach § 73 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zwingend vorgesehen ist:

  • Gewässerausbauten, Deich- und Dammbauten sowie Bauten des Küstenschutzes nach § 68 i. V. m. § 70 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG);
  • Errichtung und Betrieb von Rohrleitungsanlagen nach § 20 Absatz 1 i. V. m. § 22 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
    (UVPG);
  •  Errichtung und Betrieb von Deponien nach § 31 Absatz 2 i. V. m.
    § 34 Absatz 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/
    AbfG).

2. Zulassungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung

Ein Erörterungstermin ist grundsätzlich in Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren für Vorhaben nach Anlage 1 UVPG vorgese-hen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Dies betrifft u. a. die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtigen Industrieanlagen sowie Erlaubnisse und Bewilligungen nach dem Wasserhaushaltsgesetz. Da § 9 Absatz 1 UVPG bezüglich der Öffentlichkeitsbeteiligung auf § 73 Absatz 6 VwVfG verweist, würde das geplante Gesetz die Durchführung des Erörterungstermins in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde  stellen.

Abweichend von § 9 Absatz 1 UVPG gilt nach dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz von 2006 bereits heute, dass ein Erörterungstermin bei Planfeststellungsverfahren für UVP-pflichtige Vorhaben nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Luftverkehrsgesetz, dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz und dem Energiewirtschaftsgesetz nur nach pflichtgemäßem Ermessen der zuständigen Behörde durchzuführen ist. Das „Gesetz zur Reduzierung und Beschleunigung von imissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren“ vom 23. Oktober 2007 hat zudem bei Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen, bei denen keine  Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, die frühere Anordnung eines zwingenden Erörterungstermins im Immissionsschutzrecht durch eine Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde ersetzt.

Die Zahl der Verfahren, in denen in den Jahren 2009 und 2010 nach den oben genannten Vorschriften ein Erörterungstermin durchzuführen
war, ist der Bundesregierung nicht bekannt.