Konsequent für neue Energie?
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- 25 Juni 2011
- von Bernd Brouns
Unter dem Motto Konsequent für neue Energie! fand am heutigen Samstag die Bundesdelegiertenkonferenz der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN statt. Dort hat sich die Mehrheit der Delegierten hinter den Merkelschen Atomkompromiss gestellt. Konsequent heißt für die Grünen also,...
...einem "Atomausstieg" zuzustimmen, der das Abschalten der AKWs von den Profitinteressen der Atomkonzerne abhängig macht. So steht es im Gesetzesentwurf der Koalition, dem die Grünen jetzt ihren Segen erteilten:
"Auch die nunmehr vorgesehene zeitliche Befristung der Berechtigung zum Leistungsbetrieb ist (...) so ausgestaltet, dass die von dieser Regelung betroffenen Unternehmen nicht unverhältnismäßig belastet werden und den Betreibern eine Amortisation der Investitionen sowie die Erzielung eines angemessenen Gewinns weiterhin ermöglicht wird." (Drs. 17/6070; S. 6)
...einer Atomgesetznovelle zuzustimmen, in der geschrieben steht, dass "ein vollständiger Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität faktisch vor dem Jahr 2022 nicht möglich ist." (Drs. 17/6070; S. 5)
...einem "Atomausstieg" zuzustimmen, nach dem bis zum Jahr 2017 - dem ursprünglichen Ausstiegsdatum der Grünen - gerade mal zwei der verbleibenden neun Atomkraftwerke abgeschaltet werden.
...einem "Atomausstieg" zuzustimmen, demgemäß auch noch im Bundestagswahlkampf 2021 die sechs Atomkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C, Brokdorf, Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 am Netz sind. Am Rande des Grünen-Parteitag waren schon fiktive CDU-Wahlkampfplakate aus dem Jahr 2021 zu sehen: "Stromversorgung sichern! Laufzeitverlängerung jetzt!"
...einer Atomgesetznovelle zuzustimmen, den Wolfgang Renneberg, der ehemalige Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium - eingesetzt vom damaligen Minister Jürgen Trittin -, in der Anhörung des Bundestages zum "Atom"-Gesetzesentwurf mit Blick auf mögliche Klagen der Atomkonzerne als nicht gerichtsfest bezeichnet.
"Meines Erachtens ist das offensichtlich. Wenn man den Ausstieg tatsächlich möchte, aber das Bundesverfassungsgericht hinterher auf Antrag darüber entscheiden lassen will mit dem Tenor: „Rechtlich geht das eben nicht“, dann muss man das so lassen. Wenn man das nicht will, dann muss man das ändern. Meine Voraussage ist: Wenn das nicht geändert wird, dann wird es den Betreibern nicht schwerfallen, dieses Gesetz zu kippen." (Protokoll Nr. 17/46, S. 18)
...einer Atomgesetznovelle der schwarz gelben Koalition zuzustimmen - und den eigenen, am kommenden Donnerstag (noch?) auf der Tagesordnung des Bundestags stehenden Gesetzesentwurf, der die Machbarkeit eines Ausstiegs bis zum April 2017 durchbuchstabiert, abzulehnen? Rolle rückwärts jetzt nicht nur bei Merkel, Rösler & Co.?
...dem schwarz-gelben "Atomausstieg" zuzustimmen, um über den Partei übergreifenden Konsens dessen Unumkehrbarkeit zu erreichen.
"Für uns Grüne ist der breite Konsens möglichst aller politischen Parteien im Bundestag für den Ausstieg aus der Hochrisikotechnologie Atom ein Wert an sich. Damit wird ein erneutes Aufbrechen der Vereinbarung politisch nahezu unmöglich." (aus dem Beschluss des Grünen-Parteitags)
Ein dèjá vu? Schon im Jahr 2000 stimmten die Grünen einem Atomkonsens zu - damals mit den Atomkonzernen - um ihn unumkehrbar zu machen.
"Vor diesem Hintergrund verständigen sich Bundesregierung und Versorgungsunternehmen darauf, die künftige Nutzung der vorhandenen Kernkraftwerke zu befristen. (...) Beide Seiten werden ihren Teil dazu beitragen, dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird. (...) Bundesregierung und Versorgungsunternehmen verstehen die erzielte Verständigung als einen wichtigen Beitrag zu einem umfassenden Energiekonsens." (Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 (= Atomkonsens), S. 3)
Mit einem Handstreich wurde der rot-grüne Atomkonsens im letzten Herbst hinweggefegt. Aber diesmal wird der Konsens halten, bestimmt...
Ach ja, und im Grundgesetz wollen die Grünen den Atomausstieg verankert sehen. Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag freut sich schon auf die Zustimmung der Grünen Fraktion zu ihrem Gesetzesentwurf zur Verankerung des Atomausstiegs im Grundgesetz, der am kommenden Donnerstag ebenfalls im Bundestag zur Abstimmung steht. Oder war auch das nicht so ganz ernst gemeint?