Kaufen Spekulanten den Osten auf?
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- 20 März 2015
... fragte der Tagesspiegel bereits 2013 besorgt. 2015 ist das UN-Jahr des Bodens. Naturgemäß wird daher dem Boden mehr Aufmerksamkeit zuteil, als es sonst üblich wäre. Doch im Gegensatz zu den politischen Mitbewerben kümmert sich die Bundestagsfraktion DIE LINKE schon sehr lange um dieses Thema. Gerade die Privatisierungspraxis der bundeseigenen Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH (BVVG) ist viele (ostdeutschen) Politikerinnen und Politikern seit Jahren ein Dorn im Auge.
Der Preis kennt nur eine Richtung: Nach oben!
Seit dem Jahr 2007 steigen die Bodenpreise enorm. Damals lag der Durchschnittspreis in der Bundesrepublik bei 9.205 Euro pro Hektar (West: 16.394 und Ost: 4.134 Euro/Hektar), 2013 waren es 16.381 Euro, was eine Steigerung um 78 Prozent bedeutet. Im Westen liegt der Wert bei 25.189 Euro, in NRW bei 33.951 Euro, in Bayern 39.797 Euro, in Ostdeutschland müssen durchschnittlich 10.510 Euro auf den Tisch gelegt werden. Damit sind von 2007 - 2013 im Westen Preisanstiege von 54 Prozent und im Osten von 154 Prozent zu verzeichnen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Bodenmobilität – also wie viel Land überhaupt verkauft wird - im Osten (60.942 Hektar von 101.558 Hektar im Jahr 2013) deutlich höher als im Westen ist. 1,1 Prozent der ostdeutschen landwirtschaftlichen Nutzfläche und nur 0,61 Prozent der westdeutschen wechselten 2013 den Besitzer oder die Besitzerin.
Ackerboden als Anlage- und Spekulationsobjekt.
Das Thema „Landgrabbing“ rückt immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Doch es betrifft nicht nur Afrika oder den globalen Süden. Land Grabbing ist auch nicht nur eine Frage von fragilen oder regierungsschwachen Staaten. Es ist ein weltweites Phänomen, das in Kambodscha ebenso auftritt wie in den USA, Osteuropa oder Ostdeutschland. Auch zwischen Rügen und Dresden lassen sich vergleichbare Entwicklungen feststellen, auch wenn offizielle Zahlen dazu fehlen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe geht davon aus, dass zwischen 20 bis 35 Prozent der Flächen an Nicht-Landwirte gehen. Externe Investoren reißen sich weiträumige Landflächen in den neuen Bundesländern unter den Nagel. Es handelt sich um nichtlandwirtschaftliche oder große landwirtschaftliche Investoren. Ackerboden ist auch in der Bundesrepublik eine lukrative Anlagemöglichkeit geworden. Dies wirkt sich nicht nur preistreibend aus - und stellt damit viele um den gleichen Boden konkurrierende lokale Betriebe vor Schwierigkeiten - sondern erhöht Schritt für Schritt den Einfluss des außer-landwirtschaftlichen Kapitals.
Und die BVVG ist mit dabei.
Die Verkaufspreise der BVVG vervierfachten sich zwischen 2005 und 2014. Sie stiegen von 4.237 Euro pro Hektar auf 17.269 Euro (2014) pro Hektar. Der Anteil der BVVG-Verkäufe am gesamten ostdeutschen Bodenmarkt betrug 44 Prozent im Jahr 2013, so dass der BVVG auf jeden Fall ein nennenswerter Effekt auf die Bodenpreisexplosion zugeschrieben werden kann. Besonders kritisch wird in diesem Zusammenhang das von der BVVG durchgeführte Aktionsverfahren gesehen. Die Fläche bekommt, wer verdeckt am meisten Geld auf den Tisch gelegt hat, was zu einem enormen Bieterwettbewerb und Preissteigerungen führen kann.
Die BVVG erfüllt seit 1992 den gesetzlichen Auftrag, in den ostdeutschen Bundesländern ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen zu privatisieren. Bis 2014 wurden so 815.000 Hektar Landwirtschafts- und 583.100 Forstfläche von den ca. 1,6 Millionen Hektar Verkaufsflächen veräußert (hinzu kommen weitere 1,6 Millionen Hektar, die die BVVG im Rahmen von Flächenzuordnungen und Übertragungen betreut hat). Nach über zwanzig Jahren Privatisierung waren zum 1.1.2015 noch 186.800 Hektar Ackerland und 19.000 Hektar Wald im Verkaufsangebot der BVVG. Diese Flächen sollen noch bis 2025 (ggf. 2030) veräußert werden. Für das Jahr 2015 rechnet die BVVG mit einem Gewinn von 450 Millionen Euro.
Die Linksfraktion sagt „Stopp!“
Auch wenn nicht mehr viele Hektar in der Hand der BVVG sind, ist es nicht zu spät für eine Kurskorrektur. Die Linksfraktion fordert daher in einem Antrag einen Stopp weiterer Privatisierungen von land- und forstwirtschaftlichen Flächen aus den Beständen der bundeseigenen BVVG. Stattdessen sollte gemeinsam mit den betroffenen Bundesländern beraten werden, ob die BVVG mit neuen Funktionen im Sinne einer öffentlichen Landgesellschaft ausgestattet werden kann. Dadurch könnten Verwerfungen in der Bodenmarktentwicklung verhindert werden. Eine andere Möglichkeit wäre die kostenfreie Übertragung der verbliebenen Flächen an die Bundesländer, die sie dann langfristig an regional ansässige Agrarbetriebe und landwirtschaftliche Neueinsteiger verpachten könnten.
Terminhinweis „Die Linke Woche der Zukunft“
Am 24. April 2015 wird es von 14 bis 16 Uhr im Rahmen der „Linken Woche der Zukunft“ einen Workshop zum Thema „Zugang zum Boden“ geben.
Quelle: linksfraktion.de