Dokumentation des Fachgesprächs „Fracking – gefährliche Bohrungen nach unkonventionellem Erdgas“
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- 3 Mai 2011
Die rege Teilnahme am öffentlichen Fachgespräch „Fracking – gefährliche Bohrungen nach unkonventionellem Erdgas“ hat deutlich gemacht: Auch außerhalb der am meisten betroffenen Gegenden im Münsterland und im südlichen Niedersachsen ist das Interesse am Thema Fracking groß – und ebenso die Empörung. Etwa 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Umweltverbänden, Medien, Wissenschaft und Politik diskutierten am 15. April 2011 gemeinsam mit Vertretern der lokalen Bürgerinitiativen über die Folgen der Förderung von unkonventionellem Erdgas. Die Ergebnisse: Die Gefahren des Frackings für das Trinkwasser sind zu groß, als dass wir uns weitere Bohrungen leisten könnten. Deswegen ist nun auch die Politik gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu ändern, dass eine Förderung von unkonventionellem Erdgas mit Frac-Verfahren nicht länger möglich ist.
Die Fachtagung fand genau an jenem Ort statt, wo vor wenigen Wochen der Umweltausschuss erstmals über das Thema Fracking diskutierte – so die Bundestagsabgeordnete und Veranstalterin der Fachtagung Johanna Voß in ihrer Begrüßungsrede. Dort kam es zu einem kleinen Skandal als Mitglieder des Ausschusses darauf hinwiesen, dass die Bundesregierung in ihrem schriftlichen Vorabbericht allein auf Material der Gaslobby verwies. Das hätte deutlich gemacht, dass auch das Bundesumweltministerium sich die Interessen derjenigen zu Eigen macht, die an der Förderung von unkonventionellem Erdgas verdienen.
Jörn Krüger von der Interessengemeinschaft gegen Umweltschäden durch Fracking stellte in seinem Einführungsvortrag die Risiken der Erdgasförderung dar und verwies dabei vor allem auf die Ereignisse in den USA. Die Bilder von brennenden Wasserhähnen und Explosionen aus dem Film „Gasland“ machen vielen Menschen Angst vor Fracking. Deswegen gab es in den USA zahlreiche Versuche der Gaslobby, die Argumente aus dem Film zu entkräften. Allerdings belegen wissenschaftliche Studien mittlerweile, dass es in den USA tatsächlich zu massiven Verschmutzungen des Trinkwassers durch Fracking gekommen ist. Die Ereignisse aus den USA – so Krüger – seien durchaus auf Deutschland übertragbar. Schließlich hätte es auch in Niedersachsen bereits eine Verseuchung des Bodens im Zusammenhang mit der Förderung von unkonventionellem Erdgas gegeben.
Mit den Gefahren für das Trinkwasser setzte sich auch Christa Hecht von der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft auseinander. In eindrücklicher Weise verwies sie darauf, dass Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel für die Menschen sei. Das Trinkwasser sei prinzipiell durch das Wasserhaushaltsgesetz geschützt, das das Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzip berücksichtigt und damit dem Schutz des Trinkwassers absoluten Vorrang vor anderweitiger Nutzung einräumt. Da die Gefahren für das Trinkwasser – genau wie beim CCS – nicht auszuschließen seien, sprach sie sich im Namen der öffentlichen Wasserwirtschaft deutlich gegen den Einsatz von Fracking in Deutschland aus.
Im zweiten Teil der Fachtagung wurde es politischer. Jörn Krüger berichtete in seinem zweiten Vortrag von den lokalen Protesten im Münsterland. Die Empörung über die Bilder aus den USA und die gleichzeitige schlechte Informationspolitik der Behörden ließ in kürzester Zeit eine rege Protestbewegung entstehen. Innerhalb von sechs Monaten feierte sie ihren ersten politischen Erfolg: Inzwischen hat die nordrhein-westfälische Landesregierung ein Moratorium auf sämtliche Genehmigungsverfahren für Frac-Vorhaben erlassen. Ähnliche Moratorien gibt es auch in anderen Regionen – so im Bundesstaat New York, in der kanadischen Provinz Québec und sogar in ganz Frankreich.
Trotz dieser ersten Erfolge auf politischer Ebene besteht weiterhin Handlungsbedarf für die Politik. Dirk Teßmer, Rechtsanwalt und Bergrechtsexperte, verdeutlichte in seinem Beitrag, dass das bestehende Bergrecht vor allem die Interessen der Erdöl- und Erdgaskonzerne bediente. Die Anliegen der Betroffenen, aber auch der Schutz der Umwelt fänden dagegen kaum Berücksichtigung. Im Gegensatz zu anderen Verfahren etwa beim Straßenbau ist im Genehmigungsverfahren im Bergrecht kaum eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. Daher sei eine Novellierung des Bergrechts dringend erforderlich.
Die Folien und Audiomitschnitte zu den Vorträgen sind hier erhältlich:
Was ist Fracking? (Folien und MP3 des Einführungsvortrags von Jörn Krüger)
Fracking? - Gefahren für das Trinkwasser? (Folien und MP3 von Christa Hecht)
Arbeit von Bürgerinitativen gegen Fracking (Folien und MP3 von Jörn Krüger)
Rechtsrahmen zur Aufsuchung und Förderung von unkonventionellem Erdgas (Folien sowie
MP3-Teil 1 und MP3-Teil 2 von Dirk Teßmer)
Weitere Berichte über das Fachgespräch:
Klimaretter Neues Deutschland
Gegen Gasbohren - Interessengemeinschaften gegen Umweltschäden durch Fracking