Wolfsschutz – kein Thema für die Bundesregierung
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- 17 Oktober 2012
Der Wolf (Canis lupus) war früher in Europa weit verbreitet. Als Beutegreifer gefürchtet, wurde er über Jahrhunderte in immer entlegenere Waldgebiete abgedrängt. Seit etwa 150 Jahren galt der Wolf in Mittel- und Westeuropa als ausgerottet. Erst durch den gesetzlichen Schutz erholten sich in den vergangenen 30 Jahren die europäischen Bestände.
Ende der 1990er Jahre ist der Wolf nach Deutschland zurückgekehrt. Besonders gut scheint es ihm seither in Sachsen und Brandenburg zu gefallen. In den letzten Jahren hat er auch Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Stand September 2012) für sich entdeckt. Die Wiederbesiedlung der Bundesrepublik durch den Wolf ist demnach eine Tatsache, auf die wir uns einstellen müssen. Auf der einen Seite ist der Wolf eine streng geschützte Tierart. Auf der anderen Seite sind allerdings Konflikte mit Tierhaltern, Jagenden und der Bevölkerung vorprogrammiert.
Von zehn definierten Wolfspopulationen in Europa ist Deutschland für sechs dieser Populationen das potentielle Transitland und nimmt somit für die Wiederbesiedelung ehemaliger Lebensräume in Europa eine Schlüsselstellung ein.Die Bundesregierung hat allein durch die „Berner Konvention zur Erhaltung der europäischen, wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume“ den Schutz des Wolfes in Deutschland zu gewährleisten.
Der Wolf ist überaus anpassungsfähig. Und genau das erfordert fundierte Kenntnisse über sein Ausbreitungsverhalten und seine kleinräumige Lebensweise unter heutigen Bedingungen. Ein erfolgreicher Schutz des Wolfes muss sich an den bekannten oder zu erwartenden Populationen und den damit verbundenen möglichen Konfliktfeldern orientieren. Da steht die Bundesregierung durchaus in der Pflicht. Deshalb war uns auch die Antwort auf unsere Kleine Anfrage „Schutz des Wolfes“ (Bundestagsdrucksache 17/10869), in der die Verantwortung immer wieder den Ländern zugeschoben wurde, etwas dürftig. Wir plädieren für den Aufbau ein bundesweiten Wolf- und Herdenschutzkompetenzzentrums. Ziel des Zentrums ist es, das Wissen über den Wolf und sein Verhalten zu vertiefen, Übergriffe auf Haus- und Nutztiere zu vermeiden und das Zusammenleben von Mensch und Wolf zu verbessern. Die Aufgaben eines solchen Zentrums liegen vor allem in der länderübergreifenden Koordination und Vereinheitlichung der Methoden für ein wissenschaftliches Monitoring, die nationale Weiterentwicklung der Managementpläne, unkomplizierte und einheitliche Schadensfallregelungen, Zucht & Ausbildung von Herdenschutzhunden und Entwicklung anderer Herdenschutzsysteme. Nicht zuletzt geht es um zielgruppengenaue Beratungs- und Weiterbildungsangebote und Informationen für die interessierte Öffentlichkeit. So können gleichzeitig Ängste und Vorbehalte abgebaut und für die Akzeptanz des Wolfs als geschützte Tierart geworben werden. Dazu haben wir einen Antrag zum Haushalt in zwei Ausschüssen, dem Umweltausschuss und dem Landwirtschaftsausschuss eingebracht. Beide wurden von der Regierungskoalition abgelehnt.
Der beste Schutz ist, das sehen auch Experten so, möglichen Schäden durch Wölfe vorzubeugen bzw. entstandene Schäden unbürokratisch zu entschädigen, beispielsweise in Schäfereien. Da die rechtliche Gemengelage von Naturschutz und Tierhaltung im Wolfsfall besonders kompliziert ist, sind wir für die pragmatische Lösung, dass sich beide Ressorts und auch die Länder an einem bundesweiten Wolf- und Herdenschutzkompetenzzentrum beteiligen. Das ist nicht nur eine finanzielle Frage, sondern dabei geht es uns vor allem um die ressortübergreifende Zusammenarbeit und den Interessenausgleich zwischen Naturschutz und Landwirtschaft in der Praxis.