Jobticket per Tarifabschluss: Ein Schritt Richtung Bürgerticket?
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- 9 März 2017
- von Dominik Fette
Der Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes in Hessen bringt eine Besonderheit: Die rund 45.000 Beschäftigte des Landes bekommen ab dem nächsten Jahr ein kostenloses Jobticket (mehr zum Tarifabschluss). Es gilt zu jeder Tag- und Nachtzeit für ganz Hessen für den Nah- und Regionalverkehr, mit den üblichen Mitnahmeregeln: Partner fahren ab 19 Uhr sowie am gesamten Wochenende kostenlos mit, Kinder sind immer kostenfrei mit dabei.
Interessant ist diese Regelung, weil sie deutlich macht, dass Arbeitgeber_innen ein Interesse an einem guten ÖPNV haben. Und sie macht deutlich, dass Verträge, mit denen für eine große Fahrgastgruppe Zeitkarten bereitgestellt werden, sowohl für die Nutzer_innen also auch für die Verkehrsbetriebe und -verbünde attraktiv sind.
Und es stellt weder ein rechtliches Problem dar noch führt es nennenswert zu gefühlter Ungerechtigkeit, wenn einzelne Menschen, die dieses Ticket fast nie nutzen, trotzdem direkt oder indirekt (…leistung) dafür bezahlen müssen. Die Erkenntnis ist verbreitet, dass alle ÖPNV-Nutzer_innen den Autoverkehr entlasten und zu mehr Lebensqualität beitragen. Zudem ist es auch Lebensqualität, in besonderen Situationen auf den ÖPNV zurückgreifen zu können (z.B. wenn das Auto kaputt ist oder nach Alkoholkonsum). Vorreiter dieser Verträge sind die Semestertickets.
Das Bespiel könnte Schule machen: Weitere große Betriebe oder sogar Arbeitgeberverbände könnten dem Beispiel folgen. Ausgehandelt wurde in Hessen zudem gerade ein Schülerticket. Dieses wird 365,- Euro für ein Schuljahr kosten und beinhaltet den Nah- und Regionalverkehr in ganz Hessen. Es kann von Schüler_innen, Azubis und Freiwilligendienstleistenden erworben werden. Jugendliche, die derzeit ihre Fahrkarte zur Schule erstattet bekommen, erhalten auch für dieses Ticket eine Erstattung. Es ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber der derzeitigen Situation, hat aber noch ein paar Haken: Viele Schüler_innen sind nur lokal unterwegs und für diese ist die Jahreskarte teurer als die lokale Jahreskarte. Der Preis ist insgesamt noch zu hoch und es ist sicherzustellen, dass Abstandsregelung Wohnort-Schule zur Erstattung so erhalten oder verbessert wird. Außerdem sollte es hier auch Sozialtarife geben bzw. ein kostenloses Ticket für Schüler_innen aus einkommensschwachen Haushalten.
Wenn immer mehr Menschen eine Jahreskarte für den Nah- und Regionalverkehr haben, wird der Schritt zu einem Bürgerticket immer kleiner. Interessant ist dann natürlich die Frage, welchen Anteil an den Kosten die Arbeitgeber_innen und die öffentliche Hand (Schülertickets, Sozialtickets) übernehmen und welcher Beitrag für die Nutzer_innen bleibt.