Fragen zur Bundestagswahl: DIE LINKE antwortet dem Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE)
- Details
- 19 September 2017
- von DIE LINKE
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) stellte den Parteien vor der Bundestagswahl Fragen zur Energiepolitik. Die Antworten der Partei DIE LINKE zu den 20 Fragen veröffentlichen wir hier.
Sehr viele dieser Wahlprüfsteine - sortierbar nach Fachgebieten - finden sich auf der Homepage der Partei DIE LINKE.
Klimaschutzziele von Paris
1. Steht Ihre Partei für eine Umsetzung der Klimaschutzziele von Paris; falls ja, wie konkret möchte Ihre Partei diese umsetzen?
DIE LINKE steht zu den Pariser Klimaschutzzielen. Sie hierzulande umzusetzen, ist eine Frage der globalen Gerechtigkeit. Deshalb muss Deutschland seinen Beitrag dazu leisten, die weltweite Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst 1,5 Grad, zu begrenzen. Um dies zu erreichen muss der Kohleausstieg sofort beginnen und spätestens 2035, möglichst deutlich früher, abgeschlossen sein. Die EE-Ausbaudeckel des EEG müssen fallen. Wir brauchen zudem eine Verkehrswende, nicht nur eine Antriebswende. Das heißt insgesamt weniger Verkehr, vor allem weniger motorisierten Individualverkehr, dafür mehr und besseren öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Die Hauptantriebsart muss künftig der E-Antrieb sein. Zudem muss die Bundesregierung endlich einen sozial abgefederten Start bei der energetischen Gebäudesanierung hinlegen und den Anteil regenerativer Energien im Wärmebereich steigern. In Industrie und Gewerbe sowie bei Produkten ist die Effizienz deutlich zu erhöhen.
Nationale Klimaschutzziele
2. Befürwortet Ihre Partei nationale Klimaschutzziele, die das Klimaschutzabkommen von Paris umsetzen; falls ja, möchte Ihre Partei die nationalen Klimaschutzziele in den einzelnen Sektoren auf die Zielsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens ausrichten?
Ja, wir befürworten nationale Klimaschutzziele, die in einem Klimaschutzgesetz verankert werden müssen. So wollen wir, dass die Bundesrepublik den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringert, bis 2030 um 60 Prozent und bis 2050 um 95 Prozent. Gleichzeitig wollen wir den Ökostromanteil auf 43 Prozent bis zum Jahr 2020, 70 Prozent bis 2030 und auf 100 Prozent bis 2040 erhöhen. Bis 2040 sollten auch der Wärme- und Verkehrsbereich auf regenerativen Energien umgestellt sein. Dabei haben wir uns im Gegensatz zum Stromsektor bei Wärme- und Mobilität noch nicht auf mehrere Zwischenziele festgelegt, u.a. weil die Sektorkopplung in ihrem Ablauf für uns kaum prognostizierbar ist. Lediglich für das Nahziel des regenerativen Wärmeanteils stellen wir eine Forderung: Er soll 2020 mindestens 20 Prozent betragen.
Sektorziele
3. Wie steht Ihre Partei zu Sektorzielen im Nationalen Klimaschutzplan?
Wir unterstützen ambitionierte Sektorziele im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung. Sie müssen allerdings (wie die Gesamtziele) den Ambitionen des UN-Klimaschutzabkommens von Paris entsprechend verschärft und mit wirksamen Instrumenten und Maßnahmen untersetzt werden. Auf jeden Fall sind die (zu verschärfenden) sektorbezogenen Minderungsziele gegen ihre Abschaffung zu verteidigen. Die einzelnen Ressorts müssen endlich eine Verantwortung für die gesamtgesellschaftliche Aufgabe Klimaschutz übernehmen.
Treibhausgasemissionen
4. Wie möchte Ihre Partei sicherstellen, dass Deutschland sein Klimaschutzziel von minus 40% Treibhausgasemissionen bis 2020 erreichen wird? Die aktuellen Treibhausgaseinsparungen sowie die Projektionen liegen noch deutlich unterhalb des 40-Prozent-Einsparziels.
Die wichtigste Maßnahme wäre der zügige Beginn des Kohleausstiegs. Bis 2020 müssen nach der vom WWF in Auftrag gegebenen Studie „Zukunft Stromsystem – Kohleausstieg 2035“ mehr als die Hälfte der in Deutschland installierten Kohlekraftwerkskapazitäten stillgelegt werden, um Paris-kompatibel zu bleiben. Gelänge es tatsächlich, in einen ähnlichen Umfang die ältesten Kraftwerke über ein sozial abgefedertes Kohleausstiegsgesetz aus den Markt zu drängen, und würden gleichzeitig die Ausbaudeckel für die Ökostromanlagen entfernt, so dürfte das 2020-Ziel erreichbar sein. Unbenommen davon braucht es endlich den Start einer substantiellen ökosozialen Wende im Verkehrs- und im Wärmesektor.
Erneuerbare-Energien-Ziel
5. Wie möchte Ihre Partei sicherstellen, dass Deutschland sein verpflichtendes Erneuerbare-Energien-Ziel in Höhe von mindestens 18-Prozent-Anteil am Bruttoendenergieverbrauch bis 2020 erreichen wird? Nach Berechnungen des BEE wird Deutschland bis 2020 nur etwa 16,7 Prozent erreichen und damit gegen die verpflichtenden Vorgaben der Erneuerbare- Energien-Richtlinie verstoßen. Es drohen Strafzahlungen seitens der EU.
Wie in den Antworten auf die vorhergehenden Fragen erläutert fordern wir die Abschaffung der Ökostrom-Ausbaudeckel und mehr regenerative Wärme. Für letzteres sollte die Energie-Einsparverordnung und das Erneuerbare-Energie-Wärme-Gesetz in einem Gebäudeenergiegesetz so miteinander verzahnt werden, dass die gegenseitige Anrechenbarkeit zwischen Wärme und Effizienz weiterhin nur begrenzt möglich bleibt. Es sollte zudem so ausgestaltet sein, dass ein Zuwachs von EE-Wärme (auf 20 Prozent bis 2020) ermöglicht wird. Für fossile Heizungen darf es keine Förderungen mehr geben, mittelfristig sollte ihr Einbau verboten werden. Im Verkehrsbereich fordern wir Vorfahrt für Schiene und E-Busse. Gelänge es überdies, den Energieverbrauch zu reduzieren, ließe sich das Erneuerbare-Energien-Ziel der EU einfacher erreichen.
Fairer Wettbewerb
6. Wie möchte Ihre Partei sicherstellen, dass ein fairer Wettbewerb zwischen den Energietechnologien im Stromsektor stattfinden kann?
Weil die fossile Erzeugung kaum an den externen Kosten ihrer Erzeugung beteiligt wird, die Erneuerbaren aber Großteils noch teurere Gestehungskosten haben als alte fossile Anlagen, müssen zwei Dinge ausgleichend wirken: Erstens sollte auf der fossile Erzeugung über einen reformierten Emissionshandel sowie nationale Regularien (CO2-Mindestpreise, CO2-Steuer etc.) ein spürbarer CO2-Preis liegen. Dieser sollte beispielsweise im Stromsektor gewährleisten, dass die jeweils dreckigsten verbliebenen Kohlekraftwerke ihre Erzeugung entsprechend drosseln, wenn genug Wind- und Solarstrom zur Verfügung steht (CO2- Management). Zweitens müssen die Erneuerbaren weiterhin und kostenorientiert ihre Differenzkosten zu den Börsenpreisen erstattet und einen Einspeisevorrang garantiert bekommen. Für das planmäßige Stilllegen von Atom- und Kohleanlagen setzt die LINKE allerdings auf Ordnungsrecht (Ausstiegsgesetze mit Abschaltplänen).
Wärmesektor
7. Mit welchen konkreten Maßnahmen möchte Ihre Partei die Nutzung Erneuerbarer Energien im Wärmesektor, insbesondere auch in Wärmenetzen, vorantreiben?
Zunächst darf es keine Förderung mehr für den Einbau von fossilen Heizungen geben. Das künftige Gebäudeenergiegesetz sollte so ausgestaltet werden, dass der regenerative Wärmeanteil erhöht wird (siehe Antwort auf Frage 5). Wenn gleichwohl gegenwärtig plötzlich viele Akteure eine Aufweichung der EnEV-Effizienzstandards fordern, weil ja alles auch mit Ökowärme beheizbar sei, läuft es in der Praxis genau anders herum: Anstatt regenerative Wärme einzubinden wird vielerorts lieber die Dämmung erhöht. Wir erhoffen uns auch durch Vorgaben zum Einsatz von EE-Wärme im Gebäudebestand eine Kostendegression bei diesen Technologien. Insgesamt darf im Gebäudesektor jedoch nicht das Prinzip „Efficiency First“ durchbrochen werden, denn regenerative Energien werden stets ein knappes Gut bleiben. Regenerative Wärme sollte also im Grundsatz nur da eingesetzt werden, wo die Erhöhung der Gebäudeeffizienz auf unüberwindbare Grenzen stößt, seien es der Denkmalsschutz oder hohe Kosten für die letzten einzusparenden Kilowattstunden Wärmebedarf. Für die Deckung des Restwärmebedarfs halten wir die gebäudenahe regenerative Wärmeerzeugung für besonders geeignet.
Mobilitätssektor
8. Wie möchte Ihre Partei den Mobilitätssektor dekarbonisieren?
Gesetzlich muss vorgeschrieben werden, dass ab dem Jahr 2030 alle Neuwagen mit klimaneutralen Antrieben auszurüsten sind. Das wird vor allem auf E-Mobilität hinauslaufen, weil Bioenergien und auf Ökostrom basierende flüssige und gasförmige Kraftstoffe deutlich ineffizienter und teurer sind als Elektroautos. Vor allem aber benötigen wir weniger, dafür intelligenteren Verkehr. Mit der LINKEN wird es also keine direkte Förderung des motorisierten Individualverkehrs geben, mit welchen Antrieben auch immer. Es geht uns um eine Verkehrswende hin zu mehr öffentlichem Verkehr und weniger Pkws (und natürlich auch Lkws), nicht allein um eine Antriebswende. Zudem würden Kaufprämien vor allem Zweit- und Drittwagen zu Gute kommen. Demgegenüber unterstützen wir Förderprogrammen für E-Antriebe in ÖPNV-Bussen, Taxen, Mietwagen, Car-Sharing-Flotten, bei Fahrzeugen von Handwerkern, Dienstleistern, im innerstädtischen Lieferverkehr etc.. Hier kommen die Vorteile der E-Mobilität deutlich zum Tragen: Spürbare CO2-Einsparung bei hoher Fahrleistung je Fahrzeug, kaum Emissionen von Schadstoffen, Lärm und Stäuben. Ferner muss die Infrastrukturplanung (Verkehrswegebau, Stadtplanung) auf ein solches System umgestellt werden.
Elektrofahrzeuge
9. Wie möchte Ihre Partei sicherstellen, dass Elektrofahrzeuge künftig mit sauberem Strom aus erneuerbaren Energiequellen anstelle von Strom mit hohem Kohlestromanteil fahren?
Der erfolgversprechendste Weg scheint uns, den Ökostromanteil im deutschen Strommix durch die o.g. Maßnahmen zügig zu erhöhen und parallel die Kohleverstromung durch einen gesetzlichen Ausstiegsfahrplan zurückzudrängen. Dieser Weg könnte ergänzend auch durch Vorhaben unterstützt werden, bei denen die Umstellung auf E-Mobilität mit der Installation von Ökostromanlagen verknüpft wird. Allerdings können sich hier - im Falle von Eigenstrom-Modellen – auch Verteilungsfragen ergeben, die sorgfältig bedacht werden müssen. Um es zugespitzt auszudrücken: Es sollte nicht sein, dass über Umwege der Ökoantrieb eines privaten Prestige-Drittwagens durch erhöhte Netzentgelte oder wachsende andere Umlagen mitfinanziert wird, welche dann die restlichen Stromkunden zu tragen hätten. Überdies ist zu verhindern, dass Fahrzeuge im Format von SUVs in irgendeiner Form Zugriff auf Förderung erhalten.
Stromspeicher
10. Was möchte Ihre Partei konkret dafür tun, damit Speicher künftig bessergestellt werden?
Der Einsatz von Langzeitspeichern ist erst an bei einem Ökostrom-Anteil zwischen 70 bis 80 Prozent zwingend notwendig. Die Forschung dafür muss schon jetzt auf Hochtouren laufen und öffentlich gefördert werden. Kurz- und Mittelzeitspeicher können schon heute mit ihren Systemdienstleistungen zur Ablösung von fossilen must-run-Kraftwerken beitragen. Die Batterie im Hauskeller ist aus energiewirtschaftlicher Sicht jedoch nicht zwingend erforderlich. Überdies ist ihr Einsatz nur schwer energiewendedienlich zu koordinieren. Über ihre Installation sollte darum die wirtschaftliche Erwägung der Hauseigentümer/Betreiber entscheiden.
Sektorenkopplung
11. Mit welchen konkreten Maßnahmen möchte Ihre Partei die Sektorenkopplung voran bringen?
Erst etwa ab 2030 werden relevante Strommengen für die Sektorkopplung benötigt und stehen dann auch erst als regenerativer Überschussstrom in relevanten Mengen zur Verfügung. Dieser Zeitpunkt ergibt sich auch aus entsprechenden Studien, etwa des Öko-Instituts. Im Bereich Elektromobilität und Wärmepumpen muss die Sektorkopplung aber bereits heute beginnen / fortgeführt werden. Sinnvoll ist zudem die Nutzung der 3-Prozent EE-Strom in anderen Anwendungen, die ansonsten abgeregelt werden müssten. Pilotvorhaben zur Sektorkopplung müssen bereits heute starten, gleiches gilt für Forschung. Auch sollten vorrausschauend KWK-Anlagen mit vergrößerten Wärmespeichern und integrierten Heizspiralen ausgestattet werden, damit sie bei Bedarf stromgeführt gefahren werden können. Eine breite Einführung der Sektorkopplung an sich schon heute oder in der nächsten Legislaturperiode halten wir jedoch für verfrüht, ja sogar schädlich für die Energiewende: Ökostrom ist immer ein knappes, wertvolles Gut. Auch dann, wenn Börse oder Netzbetreiber meinen, er sei nichts wert, er könne verschenkt oder abgeregelt werden. Ihn bereits heute spontan zu verheizen, etwa aufgrund niedriger Börsenpreise, schwächt und verteuert die Energiewende.
Einspeisevorrang der Erneuerbaren Energien
12. Was will Ihre Partei dafür tun, dass der Einspeisevorrang der klimafreundlichen Erneuerbaren Energien gegenüber den konventionellen Kraftwerken auch tatsächlich umgesetzt wird?
DIE LINKE hat stets den Einspeisevorrang verteidigt, und wird dies auch weiter tun. Auf europäischer Ebene werden wir dafür streiten, dass im Zuge der Beratungen um das so genannte Winterpaket nirgends der Einspeisevorrang (ggf. durch die Hintertür) gekippt wird. Das gilt sowohl für den Vorrang bei der Einspeisung, als auch bei Netzanschluss und Abregelreihenfolge. Zudem fordern wir eine Vollzugskontrolle bei der gesetzlich vorgegebenen Abregel-Hierarchie zum Engpassmanagement, die es heute so nicht gibt. Es kann nicht sein, dass im Norden Ökostromanlagen vom Netz gehen, während Kohlestrom in den Süden Europas exportiert wird. Ferner sind wir gegen alle Klauseln, die die EE-Förderung aussetzen, sofern zeitweise negative Börsenstrompreise herrschen. Ein Kohleausstieg – verbunden mit einem wirksamen CO2-Managment für die verbliebenen Anlagen – würde im Übrigen einige Probleme des Einspeisevorrangs entschärfen.
Mieterstrom
13. Was will Ihre Partei für Mieterstrom und Nahstromversorgung tun?
Wir haben ein Mieterstromgesetz stets unterstützt, weil es ein Weg ist, PV-Anlagen endlich in die Städte zu bekommen und überdies akzeptanzfördernd wirkt. DIE LINKE kritisiert am gerade verabschiedeten Mieterstromgesetz allerdings zwei Dinge grundsätzlich, die wir ändern wollen: 1. Mieterstrommodelle als Quartierslösungen profitieren nicht von der Förderung, ebenso wenig Nichtwohngebäude, etwa Schulen oder Krankenhäuser. Beides ist inneffizient und beschränkt das Projekt-Potential. 2. Wohnungsunternehmen verlieren nach gegenwärtigem Recht bestimmte Steuerprivilegien, wenn sie Strom an Mieter verkaufen, und zwar für das gesamte Vermietungsgeschäft. Das sollte ursprünglich geändert werden. Die Bundesregierung hat letztlich aber leider doch darauf verzichtet. Damit werden solche Unternehmen wohl kaum Mieterstrommodelle in Angriff nehmen.
Bioenergieanlagen
14. Möchte Ihre Partei den bestehenden Park an Bioenergieanlagen für das Energiesystem erhalten; wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen möchten Sie dieses Ziel erreichen?
Ja, das möchten wir. Ein Weg dahin ist die Teilnahmemöglichkeit von Bestandsanlagen an EEG-Ausschreibungen, die wir im Grundsatz unterstützt haben. Bis zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden sollten, sollten die Erfahrungen hiermit abgewartet werden.
Neue Einsatzstoffe für Bioenergieanlagen
15. Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei, durch die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen aus der Land- und Forstwirtschaft neue Einsatzstoffe für den Bau neuer Bioenergieanlagen zu mobilisieren?
Von der Menge der Stromerzeugung her halten wir das Potential der Biomasse wegen Nutzungskonflikten für weitgehend ausgereizt. Bei ihrer Erzeugung setzen auch wir darum den Fokus auf Abfall- und Reststoffe. Überdies sollte der verbleibende Biomasseanbau umgestellt werden: von großflächigen Mais-Monokulturen auf Mischkulturen und ökologisch höherwertige Gewächse wie Blühpflanzen. DIE LINKE unterstützt im Falle von Biogasanlagen einen systemdienlichen Betrieb. Wir fordern zudem, mehr Anreize dafür zu schaffen, Biomasse energetisch sinnvoll einzusetzen. Erstens dort, wo sie am meisten CO2 einspart, also bei der gemeinsamen Erzeugung von Strom und Wärme. Zweitens in jenen Anwendungen, wo eine Ablösung der fossilen Energie heute nur sehr schwer möglich ist, wie in Teilen der Mobilität. Die Verwendung von Biogas ist deutlich effizienter als die heute übliche Beimischung von Bioethanol oder Biodiesel. Die regionale Verwendung von Pflanzenölen in landwirtschaftlichen Maschinen oder im Nahverkehr kann dagegen sinnvoll sein.
Photovoltaik
16. Solarstrom ist in den letzten Jahren sehr viel günstiger geworden. Erachtet Ihre Partei es für erforderlich, die Ausschreibungsmengen für Photovoltaik (600 MW brutto / a) anzuheben? Was möchte Ihre Partei dafür tun, damit Photovoltaik in Zukunft einen deutlich höheren Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, als dies die Pläne der aktuellen Bundesregierung vorsehen?
DIE LINKE wendet sich gegen die Ausbaudeckel des EEG 2017, also auch gegen die Mengenbegrenzung beim PV-Ausbau. Sollte es aber bei Mengenkorridoren bleiben (etwa wegen der Koordination mit Netz- und Speicherplanung sowie Backup), so plädieren wir für ein Mengengerüst, welches zum einen den Klimaschutzzielen entsprechend der Umsetzung des Paris-Abkommens entspricht, und zum anderen den Bedarf aus der Sektorkopplung berücksichtigt, welcher ab der zweiten Hälfte der 2020er Jahre in einem größeren Umfang anfällt. Dafür müsste auch der PV-Deckel deutlich angehoben werden.
Windstrom
17. Windstrom leistet einen preiswerten Beitrag zur Energiewende. Erachtet Ihre Partei es für erforderlich, die Ausschreibungsmengen für Wind an Land (2800 MW brutto / a) und für Wind auf See (7.500 MW bis 2020) anzuheben? Was möchte Ihre Partei dafür tun, damit Wind an Land und Wind auf See in Zukunft einen deutlich höheren Beitrag zum Klimaschutz leisten können, als dies die Pläne der aktuellen Bundesregierung vorsehen?
Wir verweisen auf die Antwort auf die vorhergehende Frage, welche auch auf die Windkraft übertragbar ist. Bezüglich Offshore schätzen wir den Beitrag an zuverlässigem und mittlerweile offensichtlich auch preiswertem Ökostrom für das Energiesystem. Zudem ist auch die potentielle Entlastung im Onshore-Bereich nicht zu unterschätzen, was aus Akzeptanzgründen zunehmend eine Rolle spielen könnte. Andererseits ist ein Mehr an Offshore auch mit einem zusätzlichen Netzausbau sowie mit einer tendenziell stärkeren Konzentration der neuen Energiewirtschaft in den Händen weniger finanzstarker Akteure verbunden. Aus diesen Gründen haben wir unserer Positionsfindung dazu noch nicht abgeschlossen.
Weltmarktstellung bei Windenergie
18. Inwieweit sehen Sie in der deutschen Windindustrie einen nachhaltigen und starken Industriezweig der deutschen Wirtschaft? Welche Maßnahme würde Ihre Partei in Regierungsverantwortung ergreifen, um die Weltmarktstellung dieses Industriezweiges zu erhalten?
Wir verweisen auf die letzten beiden Antworten und ergänzen: Die Windindustrie ist mittlerweile ein starker Wirtschaftsfaktor und kann hochqualifizierte gute Arbeit garantieren. Sie tut es aber leider nicht überall. So wird an einigen Standorten die betriebliche Mitbestimmung z.T. massiv behindert, an anderen (etwa im Offshore-Bereich) gibt es einen hohen Anteil von Zeitarbeit. Wir fordern darum, Arbeitnehmerechte zum Gegenstand von Ausschreibungsbedingungen zu machen. Nur wenn die Arbeitseinkommen und -bedingen in den Erneuerbaren-Branchen tatsächlich mit jenen der schwindenden Arbeitsplätze in den Kohle- und Atomkraftwerken sowie Tagebauen vergleichbar werden, erfährt die Energiewende umfassend Akzeptanz. Ferner fordert DIE LINKE ein bundesweites Beteiligungsgesetz, um auch Kommunen und nicht nur einzelne Flächeneigentümer an der Energiewende partizipieren zu lassen. Dies würde regional genau dort Einkommen und ggf. auch Arbeitsplätze schaffen, wo mit der Windkraft einhergehende Belastungen zu tragen und Wirtschaftsstrukturen oft schwach sind.
Investitionsanreize
19. Die Preise für fossile Heizstoffe sind seit Jahren sehr niedrig, die Anreize für energiewendedienliche Investitionen im Gebäudebereich sind daher gering. Wie kann nach Meinung Ihrer Partei diesem negativen Trend fiskalpolitisch begegnet werden?
DIE LINKE befürwortet eine CO2-Steuer auf fossile Heizstoffe, sofern im Gegenzug die Stromsteuer abgeschafft wird und darüber hinaus eine Rückverteilung der Einnahmen aus dieser Steuer an die Bürgerinnen und Bürger nach Schweizer Modell stattfindet. Die Steuer sollte bei den Inverkehrbringern von Öl und Gas für Heizzwecke erhoben werden. Parallel fordern wir eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung (Abzug eines angemessenen Betrages von der Steuerschuld) sowie der Anhebung der Fördermittel für die energetische Gebäudesanierung auf mind. 5 Mrd. Euro pro Jahr. Unter dem Strich dürfen die Warmmieten infolge der Energiewende im Gebäudesektor auf keinen Fall steigen.
Energetische Standards im Neubau
20. Die EU verlangt von Deutschland die Einführung des sog. Niedrigstenergiegebäude-Standards für Neubauten bis 2019. Ist nach Meinung Ihrer Partei zur Erfüllung dieser Verpflichtung eine Weiterentwicklung der energetischen Standards im Neubau erforderlich?
Ja, wir halten dies für notwendig. Die EU-Richtlinie 2010/31/EU gibt vor, dass „Niedrigstenergiegebäude ein Gebäude (beschreibt), das eine sehr hohe, nach Anhang I bestimmte Gesamtenergieeffizienz aufweist. Der fast bei null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen – einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen, die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird – gedeckt werden.“ Diese Definition würde nach unserer Auffassung in Übereinstimmung mit den langfristigen Klimaschutzzielen stehen. Wie solch ein Gebäude genau aussehen soll, ist für Deutschland allerdings noch nicht geklärt (traurigerweise noch nicht einmal für die öffentlichen Gebäude mit Zieldatum Ende 2018); die EnEV 2016 würde diese Definition jedenfalls nicht erfüllen. Darum müssen in einer novellierten EnEV bzw. im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) konkretere Maßstäbe gesetzt werden, die den Niedrigstenergiestandard ermöglichen.