Eisenbahnpaket 4.0 - Wir wehren uns!
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- 5 Juli 2012
Das Eisenbahnpaket ist eine Reihe von Verordnungen der EU zur Regelung des europäischen Eisenbahnverkehrs.
Das erste Eisenbahnpaket, beschlossen 2001, hatte zum Ziel, den Schienenverkehr über die europäischen Grenzen hinweg auszubauen und den Güterverkehr im Sinne der Umwelt, verstärkt auf die Schienen zu verlagern.
Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die EU allerdings seit jeher auf neoliberale Strategien. Liberalisierung wird als der Schlüssel zum Erfolg gesehen. Diese Politik führt zur Einschränkung der Rechte der Beschäftigten, erhöht den Druck zur Privatisierung öffentlich organisierter Betriebe und verschlechtert Qualität und Sicherheit für die Kundinnen und Kunden der Bahn.
In der Neufassung des Eisenbahnpakets 2011 geht es entsprechend darum, den privaten Konzernen im Eisenbahnsektor ihre Profite zu sichern anstatt den Schienenverkehr sozial-ökologisch auszubauen.
Privatisierung: Der Druck steigt
Mit der Neufassung droht die Zerschlagung öffentlicher Eisenbahnunternehmen durch die Möglichkeit der Unterauftragsvergabe und die Privatisierung von Rangierbahnhöfen und Instandhaltungswerken. Insbesondere profitable Geschäftsbereiche sollen ausgelagert werden.
Diese Politik geht in die falsche Richtung. Das zeigt die Praxis in Großbritannien, wo entsprechende Liberalisierungsmaßnahmen schon 1994 durchgeführt wurden.
In Folge der Zerschlagung des staatlichen Konzerns "British Rail" sind die Preise für Zugstickets stark gestiegen und Investitionen in Schieneninfrastruktur gleichzeitig sogar zurückgegangen. Durch die schlechte Wartung der Zugstrecken erhöhte sich außerdem die Anzahl von Unfällen. So starben im Jahr 2000 und 2002 sieben Menschen bei Unfällen allein aufgrund von schlechter Streckenwartung.
Insgesamt geht die Privatisierungspolitik zu Lasten der Beschäftigten und ist ein Sicherheitsrisiko für die Bürgerinnen und Bürger. Mit der Auslagerung wichtiger Instandhaltungsarbeiten an Subunternehmer findet eine Flexibilisierung der Arbeit statt. Das führt in vielen Fällen auch zu einer Herabsetzung von Sicherheitsstandards.
Investitionen tätigen private Unternehmen nur dort, wo sie große Gewinne erwarten können. Mit dem Ziel eines flächendeckenden Schienenverkehrs ist das nicht vereinbar.
Einschränkung des Rechts auf Streik
Wichtigster Punkt aus gewerkschaftlicher Sicht ist der vorgesehene so genannte "Mindestdienst", der in Fällen von Streiks gewährleistet werden soll. Wenn diese Regelung, die im Kommissionsvorschlag enthalten war, durchgesetzt würde, würde das faktisch eine Aushebelung das Streikrecht bedeuten. Zudem würden damit einige nationale Gesetze außer Kraft gesetzt, die das Streikrecht per Verfassung garantieren.
Ferner ist anzunehmen, dass eine de facto Beseitigung des Streikrechts bei den Eisenbahnen ähnliche Regelungen in weiteren Bereichen nach sich ziehen würde.
DIE LINKE unterstützt deshalb in vollem Umfang die Forderungen der Eisenbahn-Gewerkschafterinnen und -Gewerkschafter. Das Streikrecht darf nicht eingeschränkt werden!
Am 3. März 2011 führte die Linksfraktion im Europaparlament (GUE/NGL) deshalb ein Hearing zur von der EU-Kommission vorgelegten "Neufassung des Eisenbahnpakets" durch. Während die Italienerin Deborah Serracchiani von der Sozialdemokratischen Europafraktion die Vorlage der EU-Kommission ebenso unterstützte, wie der offizielle Vertreter der EU-Kommission, übten die anwesenden Vertreter der Eisenbahngewerkschaften und des Europäischen Transportarbeiterverbandes (ETF) heftige Kritik.
Wir wehren uns
Im Europaparlament haben wir als Linksfraktion erreicht, dass die Verpflichtung der Eisenbahnunternehmen und anderer Dienstleistungsunternehmen zu Mindestdiensten bei Streikaktionen gestrichen wurden und, dass Gehälter und Renten weiterhin als Kosten der Eisenbahnunternehmen berücksichtigt werden. Die Bestrebungen der Mehrheit des Verkehrsausschusses zur vollständigen Trennung von Netz und Betrieb konnten vorerst zurückgewiesen werden. Doch die EU-Kommission will auf Verlangen der Mehrheit im Verkehrsausschuss demnächst einen entsprechenden Gesetzesvorschlag einbringen.
Der Eisenbahnsektor ist ein zusammenhängendes Gesamtgefüge, der nicht in marktradikale und profitorientierte Einzelteile zerlegt werden darf. Nur eine öffentlich und demokratisch gesteuerte Verkehrspolitik kann die notwendigen Investitionen in die Zukunft garantieren.
Daher ist die Linksfraktion im Europaparlament auf der Seite der Gewerkschaften und eindeutig für den Erhalt der integrierten Bahnunternehmen in öffentlicher Hand. Diese bieten nicht nur soziale Sicherheit für die Beschäftigten. Sie bieten auch die Garantie dafür, mehr Transporte auf die Schiene zu bekommen und dienen damit dem sozial-ökologischen Umbau in der Verkehrspolitik.