Nicht Grundstein, sondern Grabstein für S21
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- 16 September 2016
- von Sabine Leidig
Anlässlich der heuigen Grundsteinlegung zu Stuttgart 21 kommentiert Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, in einer Pressemitteilung:
„Der Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) zu Stuttgart 21 ist eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung und zeigt wieder einmal: Der Grundstein, der heute gelegt wird, muss zum Grabstein für den Tiefbahnhof werden! Alles Vertuschen und krampfhafte Festhalten an diesem Desaster muss ein Ende haben. Ein Neuanfang ist mit dem Konzept ‚Umstieg21‘ nötig und möglich – aber wohl kaum mit diesem Personal. Daher: Dobrindt ist als Verkehrsminister nicht mehr haltbar – er hat bei der Kontrolle des Projektes auf ganzer Linie versagt, gegen Haushalts- und Zuwendungsrecht verstoßen und die Verantwortung allein der Bahn zugeschoben.
Der BRH macht in seinem Bericht deutlich: Stuttgart 21 könne kein ‚eigenwirtschaftliches Projekt‘ der Deutschen Bahn AG sein, weil die Höhe der Bundesmittel dafür zu hoch seien (mindestens 1,65 Mrd.), weil es am Ende Teil der ‚Schienenwege des Bundes‘ sei und weil der Bund als ‚Alleinaktionär und Eigentümer‘ der Deutschen Bahn AG die Verantwortung trage. Jetzt müssen die über den Aufsichtsrat beteiligten Ministerien endlich ihre Kontrollfunktion vollumfänglich wahrnehmen und Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohl bei diesem Umbau von Bahnhof und Schienenknoten gewährleisten.
Auch das Bahnmanagement ist verantwortlich dafür, dass mit immer weiteren Milliarden Euro, die anderswo bei der Schiene fehlen, ein unwirtschaftliches und unsicheres Großprojekt vorangetrieben wird, das sogar einen Kapazitätsrückbau bedeutet. Für einen Neuanfang ist mehr nötig als der Weggang von Bahnvorstand Kefer. Auch Grube muss als Bahnchef abgelöst werden durch eine Person, die sich mit dem System Schiene wirklich auskennt, nicht nur betriebswirtschaftliche Managementqualitäten mitbringt und der eine gute, zuverlässige Bahn am Herzen liegt.“
Videostatement von Sabine Leidig: Für "Stuttgart 21" ist jetzt der Zeitpunkt zum Umstieg
Rede von Sabine Leidig bei der Montagsdemo gegen Stuttgart 21 am 12. 09. 2016
Erste Analyse zum BRH-Bericht:
Der vorliegende Bericht des Bundesrechnungshofs zur „Realisierung des Großprojektes Stuttgart 21“ mag auf den ersten Blick eine gewisse Ernüchterung hervorrufen, da er keine Schätzung der Gesamtkosten enthält. Tatsächlich ist der Bericht hochbrisant. Er dokumentiert, dass zwischen dem Bundesrechnungshof einerseits und den beiden Häusern des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) und des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) ein Häuserkampf tobt.
Der BRH weist an einem halben Dutzend Stellen darauf hin, dass das Großprojekt Stuttgart kontrolliert werden muss. Dass sich jedoch die beiden Ministeriums-Häuser und damit die die Bundesregierung hartnäckig weigern, just dies zu tun.
Der BRH sagt klar und deutlich, dass die Deutsche Bahn sich aufgrund der immer größeren Finanzierungslücke bei S21 faktisch gezwungen sieht zu tricksen, dass die Bahn diese Finanzierungslücke "möglichst nicht mit eigenen Mitteln finanzieren" will. Und konstant Mittel aus anderen Bundestöpfen (u.a. aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung – LuFV)) abzweigt, um just so vorzugehen. Dass unter anderem an der Bauausführung „gespart“ wird – wofür später der Bund die Verantwortung tragen würde.
Der BRH errechnet, dass die Bundesmittel, die in S21 fließen, eben nicht bei der viel zitierten knappen halben Milliarde Euro gedeckelt wurden. Vielmehr, so listet der BRH auf, flössen bereits jetzt 1,65 Milliarden Euro allein an Bundesmitteln in das S21-Projekt.
Im BRH-Bericht wird auch darauf verwiesen, dass am Ende die die Kapazität von S21 nicht ausreichend sein könne, sodass auch hier am Ende auf den Bund zusätzliche Kosten für nachträgliche Verbesserungen zukommen würden.
Insbesondere verweist der Bundesrechnungshof darauf, dass Stuttgart 21 eben kein „eigenwirtschaftliches Projekt“ der Deutschen Bahn AG sein könne. Und dies aus drei Gründen nicht: Erstens wegen der Höhe der Bundesmittel, die in das Projekt flössen. Zweitens weil Stuttgart 21 am Ende Teil der „Schienenwege des Bundes“ sei. Und drittens weil der Bund als „Alleinaktionär und Eigentümer“ der Deutschen Bahn AG Verantwortung trägt.
Ausdrücklich verlangt der BRH auch, dass die Bundesregierung auf die Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat „einwirkt“, dass diese die erkannten „Risiken“ bei Stuttgart 21 berücksichtigen und das Gebot der „Wirtschaftlichkeit“ wahren.