EU-Fördermittel für „Stuttgart 21“

Schriftliche Frage von Sabine Wils, Stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments, an die EU-Kommission: "Ist es nicht dringend geboten, die bisher bewilligten EU-Fördermittel für das Projekt „Stuttgart 21“ zu stoppen, da - wie mittlerweile bekannt ist – die bei der Beantragung zugrunde gelegten Fakten weder aktuell noch sachlich richtig waren und sind?" (Frage vom 28.07.2010)

Hintergrund:
SMA, das renommierte Eisenbahnfahrplanunternehmen der Schweiz, hat in einem mittlerweile bekannt gewordenen Gutachten dem Projekt „Stuttgart 21“ mangelnde Leistungsfähigkeit attestiert. Aktuell wurde in den Medien wie auch in der „Tagesschau“ am 27.07.2010 veröffentlicht, dass die deutliche Verteuerung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm um 865 Mio. Euro dem Bundesverkehrsministerium bekannt sei.
In einer weiteren Anfrage an die EU-Kommission möchte ich von der Kommission wissen, ob ihr bekannt ist, dass – wie bereits am 25.07.2007 durch den Sender „Hessischer Rundfunk“ ermittelt wurde – die mit dem Abriss des derzeitigen Stuttgarter Hauptbahnhofs beauftragte Firma „Wolf & Müller“ nicht die für die Baubranche Baden-Württembergs üblichen Mindestlöhne gezahlt hatte. Ein Beleg für diesen Verstoß sei, dass dieses Unternehmen auf Drängen der deutschen Gewerkschaft IG BAU am 04.02.2006 19 rumänischen Bauarbeitern Löhne in Höhe von 21.000 EUR nachzahlen musste.

Antwort von Herrn Kallas im Namen der Kommission vom 16.9.2010
(E-6554/10DE, E-6555/10DE)
Das zitierte „Gutachten“ ist Teil eines internen Dokuments der Firma SMA+ vom Jahre 2008. SMA+ hat im Juli 2010 klargestellt, dass die zitierte Meinung aus dem Kontext gerissen worden sei und sich das Projekt in der Zwischenzeit weiterentwickelt habe1. In einer Pressemitteilung äußerte sich am 29. Juli 2009 auch das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr zu der Diskussion und bestätigte die Stellungnahme der SMA+2.
Der Kommission ist bekannt, dass die Gesamtkosten des Projekts Stuttgart-Wendlingen, einschließlich des neuen Bahnhofs „Stuttgart 21“, inzwischen auf 4,088 Mrd. EUR und das Projekt Wendligen-Ulm auf 2,89 Mrd. EUR beziffert werden. Für beide Abschnitte werden Zuschüsse aus dem TEN-V-Haushalt gewährt. Diese Projekte stehen durch die ständige Kontrolle und jährliche Berichterstattung der zuständigen Behörden unter Beobachtung der Kommission. Der Kostenvoranschlag in Höhe von 986,2 Mio. EUR für Arbeiten des Projekts Stuttgart-Wendlingen, einschließlich „Stuttgart 21“ , welche mit EU-Mitteln kofinanziert werden, wurde von den deutschen Behörden bestätigt. Der Zuschuss aus dem TEN-V-Haushalt ist für den Finanzierungszeitraum 2007-2013 auf 114,47 Mio. EUR festgesetzt; es handelt sich um einen Höchstbetrag, der nicht überschritten werden kann.
Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Entscheidung, welches die am besten geeignete Strategie für den Bau des Abschnitts Stuttgart-Ulm des PP17 ist, dem Mitgliedstaat überlassen. Die Kofinanzierung der EU wurde auf die Verbindung Stuttgart-Ulm als Teil des PP17 beschränkt. Somit wurde der neue unterirdische Hauptbahnhof von einer TEN-V-Finanzierung ausgeschlossen.
Der Kommission ist die Höhe der von der in der Anfrage der Frau Abgeordneten genannten Baufirma gezahlten Löhne nicht bekannt. Für die Durchsetzung der einschlägigen Regeln bei der Zahlung von Mindestlöhnen sind die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlich.


1 Die Stellungnahme der SMA+ ist in voller Länge hier veröffentlicht.
2 Siehe hier.

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