Der Bock ist immer noch der Gärtner: Bahn erteilt sich selbst den Segen für Stuttgart 21
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- 27 Juni 2011
- von Dominik Fette
Der umstrittene Tiefbahnhof habe den Stresstest bestandenn - diese Informationen bekam die Süddeutsche Zeitung aus dem Umfeld der Deutschen Bahn AG. Das war nicht anders zu erwarten: Wenn ein Konzern, von dem Bilanztricksereien (siehe dazu den Alternativen Geschäftsbericht der Deutschen Bahn) und das Zurückhalten von Informationen bekannt sind, selbst das eigene große Prestigeprojekt beurteilt. Dabei belegen verschiedene unabhängige Experten, wie Christoph Engelhardt, was auch der gesunde Menschenverstand schnell erkennt: Der neue
Kopfbahnhof mit acht Gleisen und einem sehr eingeschränkten unterirdischen Gleisvorfeld kann nicht leistungsfähiger sein als der derzeitige Kopfbahnhof mit 16 Gleisen und einem komplexen und leistungsfähigen Gleisvorfeld. Es müssten 6,1 Züge pro Stunde und Gleis abgefertigt werden – ein Wert, der in keinem deutschen Bahnhof erreicht wird. Selbst bei den leistungsstärksten deutschen Durchgangsbahnhöfe Hamburg und Köln – die für ihre Überlastung bekannt sind – liegt der Wert nur bei 4 (siehe hierzu das Interview mit dem Gutachter Dr. Christoph Engelhardt in der FR). Selbst Bahnvorstand Kefer sagte im Verkehrsausschuss am 11.5. 2011, dass S21 den Stresstest unter Annahme eines Taktfahrplans nicht bestehen würde. So gibt sich die Bahn jetzt selbst den Segen für ein lukratives Prestigeprojekt, dass die Entwicklung einer bürgerfreundlichen Bahn behindert.
Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion fordert daher in einer Pressemitteilung Bundesminister Ramsauer auf endlich dafür zu sorgen, dass Stuttgart 21 von wirklich unabhängigen Gutachtern geprüft wird und alle dafür notwendigen Informationen ans Licht kommen. „Das ist er den Steuerzahlern und dem Gemeinwohlauftrag, den er bei der Bahn sicherzustellen hat, schuldig. Und auch Bahnchef Grube würde wirkliche Kompetenz zeigen, wenn er die Fakten offen legen und einer unabhängig Begutachtung zugänglich machen würde.“
Warum aber halten Grube & Co. weiterhin am Projekt fest? Sabine Leidig dazu: „Dass Bahnmanagement und Bundesminister weiterhin an Stuttgart 21 festhalten, kann ich mir nur noch mit kindlichem Trotz erklären. Warten Grube & Co. nur auf die Ablehnung beim Volksentscheid, um ohne Gesichtsverlust aus der Sache herauszukommen?“ So scheint es zu sein und daneben geht es wohl auch um die Frage, wer bei einem Ende von S21 die bisherigen Kosten zu tragen hat: Die Bahn, weil das ganze Projekt auf von ihr zu verantwortenden Fehlplanungen beruht oder das Land Baden-Württemberg, das den Vertrag mit Bahn und Bund kündigen muss, wenn sich das Volk gegen das Projekt ausspricht? Es geht um Ausstiegskosten von 500 bis 600 Millionen Euro – die Bahn, die die Kosten sonst immer schön kleinrechnet, kommt hier sogar auf 1,5 Milliarden Euro.
Alles, was trotz der intransparenten Informationspolitik der Bahn durchgesickert ist, lässt kein gutes Bild von S21 mehr zu. Die Liste der Risiken ist lang: für Grundwasser, Grundstücke und Gebäude – und damit auch für Leib und Leben von Menschen, von nicht zu realisierende Tunnelarbeiten, von mögliche oder sogar wahrscheinlichen Kostenexplosion. Das waren sicher Gründe, weswegen der Projektleiter der Bahn das Handtuch geworfen hat. Einschränkungen für zukünftige Verkehrsplanungen (kein integraler Taktfahrplan möglich). Und den Schienenverkehr verbessern wird S21 nicht – im Gegenteil, er würde die Entwicklung einer bürgerfreundlichen Bahn behindert.
Daher muss es jetzt weiterhin heißen: Widerstand 2.0! Heute Abend bei der Montagsdemo und am 9.7. bei der Großdemo ab 13h auf dem Schlossplatz (Demoinfos bei K21).