Das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21

Baubeginn rückt näher – Widerstand wird stärker

Seit fast eineinhalb Jahrzehnten wird in der Hauptstadt Baden-Würtembergs ein verkehrspolitsch unsinniges, sündhaft teures und städtebauliches zerstörerisches Großprojekt verfolgt. Auch der neue Bahnchef und die neue Bundesregierung wollen daran festhalten.

Erschienen in "besser Verkehren" Nr. 1 (Link setzen!)


Das Projekt "Stuttgart21" - die Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs in den Untergrund und die Umwandlung des Kopfbahnhofs in einen Durchgangsbahnhof – ist das wohl größte Bahnhofsprojekt, das in der deutschen Verkehrsgeschichte je  geplant worden ist. Es ist zugleich ein Projekt, das in extremer Weise verkehrspolitischen und städtebaulichen Schaden anrichtet. Dies wurde im Einzelnen in unterschiedlicher Weise von der Bewegung gegen Stutgart21 vor Ort dargelegt (siehe Adressen unten). Dies wird in dem aktuellen Faltblatt der LINKEN (DIE LINKE im Bundestag und DIE LINKE in Stuttgart), das im Januar 2010 erstellt wurde und das diesem Zirkular beiliegt (bzw. das über das MdB Büro Sabine Leidig bezogen werden kann), skizziert.

Vor allem wird dies ausführlich darlegt im folgenden Beitrag von Professor Karl-Dieter Bodack, der aktiv im Bahnfachleutekreis Bürgerbahn statt Börsenbahn
(BsB) ist.

Aus politischer Sicht ist Stuttgart 21 auch aus einem spezifischen Grund interessant: Es gibt hier wie selten zuvor bei einem verkehrspolitischen Projekt einen breit verankerten und fachlich fundiert vorgetragenen Widerstand gegen dieses Projekt, der sich seit Ende der 1990er Jahre herausgebildet hat. Es gab dutzende Kundgebungen gegen Stuttgart 21 - oft mit vielen Tausend Beteiligten. Es gab ein Bürgerbegehren (zur Durchführung eines Bürgerentscheids über Stuttgart 21), das in nur sechs Wochen von 67.000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet wurde (das Quorum lag bei 20.000; das Bürgerbegehren wurde schließlich mit fragwürdigen juristischen Winkelzügen abgelehnt).

Und es gibt eine bewundernswerte Kreativität bei diesem Widerstand. Ein Beispiel von vielen: Wenige Stunden, nachdem sich der Bahn-Aufsichtsrat am 10. Dezember 2009 für die Durchführung von Stuttgart 21 ausgesprochen hatte, demonstrierten in Stuttgart erneut rund 1500 Menschen gegen den Beschluss. Der Arnulf-Klett-Platz vor dem Hauptbahnhof mit der sechsspurigen Durchgangsstraße wurde eine halbe Stunde lang blockiert. Danach zog die Menge in die Innenstadt. Mit Töpfen, Trillerpfeifen, Blasinstrumenten, Blechdosen und Sprechchören wurde Alarm geschlagen. Zuvor hatte es einen "Flash-Mob" gegeben: Die Protestierer hatten mit – in der Regel biologisch angebauten – Bananen in der Hand versucht, mit Bahnchef Grube zu telefonieren – und damit zugleich gegen die Bananenrepublik demonstriert, in der ein solch absurdes Verkehrsprojekt gegen den Willen der
Mehrheit vor Ort durchgesetzt werden soll.

Seit Dezember 2009 – also seit Eintritt in die "heiße Phase" in Richtung Baubeginn - gibt es eine neue Steigerung des Widerstands: die "Montagsdemos". Seither demonstrieren an jedem Montag jeweils mehr als 1000 Menschen – einige Male bereits drei- und viertausend Menschen – am Stuttgarter Hauptbahnhof, Nordausgang, gegen das Mega-Gaga-Projekt.

In einem euphorischen Brief von Bahnchef Rüdiger Grube vom 10. Februar 2010 an die "lieben Mitarbeiterinnen und lieben Mitarbeiter" heißt es: "Kein Projekt dieser Größenordnung bleibt  unwidersprochen. (...) Man wird jedoch bald feststellen, dass es zum Bau von Stuttgart 21 keine echte Alternative gab."

Wie zuvor Hartmut Mehdorn, so wiederholt der (nicht mehr so neue) Bahnchef Grube eine Mär, die typisch für diese Art Betonpolitik ist. Diese besagt: die Gegnerinnen und Gegner sind alle nur "Neinsager".

Seit 2007 liegt mit "K 21" (= Kopfbahnhof 21) ein detailliertes Alternativ-Konzept vor. Sein dreifacher Charme:

  1. Ein Integraler Taktfahrplan wird ermöglicht (was mit Stuttgart 21 ausgeschlossen wäre);
  2. Die Fahrtzeiten sind eher kürzer als bei Stuttgart 21;
  3. Die Kosten liegen bei einem Drittel.
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